Packen ist angesagt! Nach fünf Tagen lassen wir Bogota hinter uns und stürzen uns in unser Kolumbienabenteuer. Heute geht es erstmal Richtung Nordwesten durch die Berge. Unser Ziel: eine kleine Kaffeefarm, die auch Übernachtung anbietet.



Aber erstmal muss unser ganzes Zeug verstaut werden…

Noch einen Aufkleber am Garagentor da lassen und los geht’s…
Die erste Stunde Fahrt ist kein Vergnügen. Bloß raus aus der Stadt!

Der Verkehr geht zum Glück einigermaßen, aber gegen den Gestank der elendigen Busse und LKWs die hier langfahren kann man nix machen. Der bleibt und ist einfach unerträglich. Ständig klebt man hinter irgendwelchen Schrottkarren, die einen Drecl aus dem Auspuff werfen, dass einem ganz schwindelig wird. Aber das kennen wir ja schon aus Mittelamerika. Gewöhnen kann und will man sich daran allerdings einfach nicht… wie bekloppt ist das bitte? Man fährt durch unheimlich schöne Landschaft und es stinkt einfach nur! Menschgemacht! Abgase und Qualm von dem, was die Leute so in ihren Öfen oder Kochstellen verbrennen! Einfach gruselig…

Irgendwann sind wir raus aus der Stadt und es wird endlich besser. Die Straße windet sich die Berge hinauf und hinab, wird enger, kurviger… endlich macht das Fahren Spaß!


Kaffeepause irgendwo im Nirgendwo. Hunde chillen am Straßenrand. Die Garküchen der Imbissstände rechts und links qualmen vor sich hin. Es ist kurz nach 11h und alles scheint sich aufs Mittagessen vorzubereiten. Ein klapperiger Lastwagen fährt vor und ein Cowboy setzt sich ein paar Tische weiter zum Essen an den Tisch. Gegenüber steht ein Opa am Grill, vor sich einen riesigen Berg Fkeisch, der langsam auf den Grill gelegt wird… na der hat was vor! Die Kellnerin unseres Restaurants stellt ein Schild auf. Angebote des Tages: Rind, Schwein, Leber… brrr…. Alles nur Fleisch, Gemüse ist hier ein Fremdwort. Wir bleiben beim Kaffee….


Weiter geht’s durch die Berge… die Anden… schon irgendwie schräg… wir fahren hier durch die Anden…




Die Straße schlängelt sich durch die Berglandschaft. Es geht stetig höher. Irgendwann erreichen wir den Aussichtspunkt Mirador Alto del Angel. Großartig anhalten kann man hier nicht. Einfach eine Kurve, die diesen Namen trägt. Wir steigen trotzdem einmal kurz ab und lassen unseren Blick schweifen… um uns herum nur Berge und unter uns erstreckt sich ein weites Tal….

Da hinunter geht’s dann auch irgendwann. Eben noch über 2000 Meter hoch sind wir jetzt nur noch bei etwa 300 Metern … und eine absolute Hitze schlägt uns entgegen. Als wenn die einer mit nem heißen Föhn ins Gesicht bläst. Na Dankeschön!


Na egal, ist nicht mehr lang. Ein kleines Stück durch das Tal durch und auf der anderen Seite wieder hoch, dann sind wir am Ziel!
Aber denkste! Auf einmal Stau! Mitten aus dem Nichts, nur etwa 20 Minuten vor dem Ziel, geht nichts mehr. Eine riesige Schlange LkW steht am Straßenrand. Ein Fahrrad liegt quer auf der Straße… Ein Unfall? Wir schlängeln uns dran vorbei. Aus Zweirad wird man doch irgendwie durchkommen…
… und dann haben wir den Sakat! Die Straße ist geblockt.

Zwei Trecker rechts und links der Straße, eine fette Kette über die Straße gespannt. Da kommt keiner durch!

Na toll! So kurz vor dem Ziel! Überall stehen Fahrzeuge kreuz und quer. Ein Typ mit Bollerwagen verkauft irgendwelche Sacks. Die Leute sind aus den Fahrzeugen ausgestiegen, sitzen am Straßenrand und essen Suppe, einige haben Decken ausgebreitet und schlafen… die scheinen sich hier alle auf ne längere Wartezeit einzustellen…
Super! Ich krieg die Krise! 20 Minuten vor dem Ziel! … und außerdem muss ich aufs Klo…
André versucht was rauszukriegen. Um uns herum sprechen alle nur Spanisch. Irgendwie finden wir heraus, dass die Sperre bis 5 Uhr gehen soll. Dann machen die Bauern die Straße wieder auf. Echt jetzt? Es ist grad mal halb zwei! Dreieinhalb Stunden rumsitzen und warten?
André kommt zurück. Auf der anderen Seite der Absperrung ist die Straße frei. Wir könnten außen herumfahren… ca. 2 Stunden Umweg, sagen die Leute.
Kurz nachgerechnet… 2 Stunden Umweg oder 3 1/2 Stunden Warten… André dreht die BMW rum… wir fahren…
Erst das ganze Stück zurück, dann links abgebogen… Autopista Richtung Honda. Nicht schön, immer nur geradeaus, aber schnell. Wir knallen mit einem Affenzahn durch die Hitze des Talkessels.,. ein bisschen Fahrtwind, das tut gut.

Bei Honda überqueren wir den Fluss, der durch das Tal fließt. Noch einmal geht es eher kriechend weiter durch die Stadt. Am Hauptplatz vorbei, viel Verkeht schlängelt sich durch dieses Nadelöhr…

Dann geht’s auf der anderen Seite des Flusses wieder zurück. Leider nicht mehr ganz so schnell, denn hier ist keine Autopista. Es geht durch hässliche Ortschaften. Teilweise an komplett verfallenen Ruinen vorbei. Die Bäume haben die Gebäude schon komplett überwachsen… und dann sind wir wieder an der Gabelung , wo die Straße gesperrt war. Die Leute stehen da immer noch und warten 🙈.
Yes! 💪🏻 Wir haben es geschafft!
Jetzt geht’s wieder hinauf in die Berge. Nach etwa 20 Minuten Fahrt biegen wir ab in den kleinen Ort Convenio. Hier scheint die Uhr stehengeblieben. Leute sitzen vor den Häusern und schauen uns hinterher, als wären wir ein UFO. Hier kommen nicht so oft Touristen vorbei…
Es geht durch den Ort, über den Marktplatz, die Straße wird immer enger. Dann nur noch Schotter.



Bergab, bergauf… durch einen Bambuswakd.., und dann sind wir plötzlich im Paradies…
Wir fahren durch das Tor, die Einfahrt geht steil hinauf, und werden von einer Meute Hunde empfangen. Was für ne lustige Truppe, große Hunde, kleine Hunde, die am liebsten aufs Motorrad hüpfen würden, braun, schwarz, hellbraun, einer hat nur drei Beine, jung, alt… und alle ganz aufgeregt. Mitten drin steht die Hausherrin, Lucia, und begrüßt uns herzlich.

Wir steigen vom Motorrad und Lucia führt uns herum.

Eine feine kleine Kaffeefarm hat sie sich da aufgebaut. Vor sieben Jahren ist sie aus Bogota hierhin gezogen, um sich um den Vater zu kümmern. Eigentlich wollte sie die Farm verkaufen, als sie ankam verliebte sie sich aber in den Platz und blieb. Wir konnten es verstehen, es ist einfach ein traumhaft schönes Fleckchen Erde.








Nach einer kleinen Kaffeefarmführung beziehen wir unser Zimmer und genießen die Ruhe bei einem kalten Bier. Man war das ein Ritt hierher… aber gut, das wir den Umweg auf uns genommen haben. Inzwischen ist es 16 Uhr. Da unten im Tal an der geblockten Straße warten sie immer noch. Was für ein Wahnsinn!





Heute machen wir nicht mehr viel. Wir sind total platt… einfach nur Hängematte und abhängen. Um uns herum rennt Lucias kleiner Zoo:
Die Hunde drehen ihre Runde, Gänse kommen schnatternd vorbei, finden uns aber ziemlich unspannend und hauen gleich wieder ab. Hühner rennen gackernd herum, irgendwo kräht ein Hahn. Was für ein Idyll!

Ein Kater schleicht um die Ecke und lässt sich majestätisch auf einer Treppenstufe nieder… er ist der King in the Ring, ein alter Herr, wenn er kommt, räumen die Hunde das Feld.


André parkt das Motorrad um und kommt völlig happy wieder. Schockverliebt in ein kleines weißes Zottelhuhn…

Gegen 18 Uhr kommt das Essen. Lucia hat für uns etwas aus dem Restaurant unten im Dorf bestellt.
Da unten im Ort gibt’s nur zwei Restaurants: Das eine hat nur Fleisch… Schwein in allen Varianten, das andere Fastfood. Das wollen wir nicht, also gibt’s heute wohl Schweinefleisch 🙈. Meine Nachfrage, nach Gemüse beantwortet Lucia mit einem Lachen… Gemüse? In Kolumbien? Nada! Aber sie kann uns zum Fleisch einen Salat machen… 😅 Glück gehabt!


… als das Essen auf dem Tisch steht, bin ich heilfroh über den Salat… Was für eine Schlachteplatte und wer soll das bloß alles essen? Sieht sehr rustikal aus, schmeckt aber erstaunlich gut. Am besten hat mir tatsächlich die Chorizo geschmeckt, das Fleisch war aber auch sehr schmackhaft. Das was da auf dem Teller ausschaut wie Blutwurst, war am gewöhnungsbedürftigsten: Darm gefüllt mit einer Masse aus Reis und Gewürzen… Auf jeden Fall ist es definitiv viel zu viel. Wir schaffen grad mal die Hälfte und sind pappsatt.

Zum Abschluss gibt es einen ganz frisch aufgeblühten Kaffee von Lucia… mit neugierigigem Minihuhn auf dem Tisch 🙈🤣.
… und dann fallen wir todmüde ins Bett. Sobald die Sonne untergeht schlafen wir.

… und stehen am nächsten Morgen mit der Sonne – und den Hähnen – wieder auf.




Aber der Finca lässt es sich aushalten. Das Bad ist draußen… Duschen unter freiem Himmel! Herrlich! Da wir die einzigen Gäste sind haben wir es für uns allein…

… fast 🤣!

Direkt nach dem Aufwachen gibt’s die nächste Kaffeeverkostung. Gleiche Bohne, andere Zubereitung… und ein komplett anderer Geschmack. Stärker und intensiver im Geschmack, trotzdem mild. Der Kaffee gestern schmeckte fast ein bisschen sahnig. Megaspannend, auf jeden Fall absolut hervorragend! Aber wir sind hier schließlich auch an der Quelle.



Das Frühstück, das uns Lucia etwa ne Stunde später serviert ist der absolute Hammer!


Frisch gepresster Orangensaft, die Orangen gingen heute Morgen noch am Baum, eine absolut fantastische Tortilla und so kleine, leicht salzige Fladen aus Mais und Kochbananen… zum dahinschmelzen.


Dazu Fruchtsalat… Die Bananen schmecken so süß, man schmeckt die Sonne regelrecht heraus und die Papaya… die hat mich tatsächlich richtig überrascht: Eigentlich mag ich keine Papaya, irgendwie schmecken die immer leicht muffig, aber diese hier gar nicht. Im Gegenteil, diese hier schmeckt fast wie eine Melone, nur weniger süß.



Wir genießen den Tag, das milde Klima. Es ist schön warm, aber nicht unangenehm, eine milde Brise umweht die Nase. Einfach perfekt!



Am Nachmittag machen wir einen kleinen Spaziergang runter ins Dorf. An den Kaffeefeldern vorbei, durch den kleinen Bambuswald und wieder ein Stückchen bergauf.



Der Ort liegt auf einem kleinen Hügel, genau wie die Finca. Von hier oben hat man einen fantastischen Blick auf die Berge und die vielen kleinen Kaffeefarmen, die auf die Hügel gebaut sind.

Convenio ist ein kleines Nest. Hier verirren sich selten Touristen hin.

Ein Marktplatz, die Kirche, angrenzende Läden… hier tobt das Leben. Es ist Sonntag, Markttag. Heute kaufen die Leute ein, gehen flanieren, trinken Kaffee oder Bier. Die angrenzende Kneipe ist rappelvoll… Heute haben die Leute Zeit, morgen gehen sie wieder arbeiten, sechs Tage die Woche… harte körperliche Arbeit.

Wir setzen uns erstmal ins Kaffee. Zwei Teilchen und zwei Kaffee für umgerechnet etwa 2 €. Das Leben in Kolumbien ist günstig… auf jeden Fall für uns.

Später spazieren wir durchs Dorf und kehren dann in einer der Kneipen auf der gegenüberliegenden Seite des Marktplatzes ein.







Am Abend kocht Lucia für uns. Es ist einfach grandios. Spaghetti mit frischem Gemüse aus ihrem Garten, dazu Salat. Endlich mal kein Fleisch! Eine Wohltat und soooo lecker! 😋






Die Sonne geht hinter den Bergen unter, die Hühner sind schon lange im Bett und Lucias rechte Hand, den Namen hab ich leider vergessen, macht uns ein Feuer…



Ein wunderbarer Tag neigt sich dem Ende…
Am nächsten Morgen wache ich zum Sonnenaufgang auf. Hahnengeschrei und andere Vögel singen um die Wette:
Wie schade, heute müssen wir schon weiter… ich hätte noch viel länger bleiben können. Aber man soll ja gehen, wenn es am schönsten ist…





Nach einem weiteren Kaffee der gleichen Bohne, wieder anders zubereitet… dieses Mal French Press zaubert Lucia uns erneut ein einfach hervorragendem Frühstück (diesmal gibt es typisch kolumbianisches Rührei… mit Tomaten, Zwiebeln und Kräutern).



Eigentlich wollen wir hier gar nicht weg… dennoch, wir packen unsere Sachen zusammen und machen uns wieder auf den Weg. Es geht wieder abwärts ins Tal und dann Richtung Medellin, aber bis wir dort ankommen werden haben wir noch zwei Zwischenstopps vor uns…

