Guatapé

Dieser Ort hat sich erst ein wenig gesträubt und seine schönen Seiten zu zeigen. Als wir vorgestern ankamen und beim Casa Encuentro vor verschlossenem Tor standen, befürchteten wir schon, dass es unsere Unterkunft gar nicht mehr gibt… alles verrammelt und verlassen.

… und das nach der nervigen Fahrt! Fehlt ja noch, zu unserem Glück…

Nach einigem hin und her kam dann schließlich ein Auto und die Besitzerin stieg aus… Es wäre alles ganz einfach gewesen, nur das Fakeschloss aufmachen und das Tor geht auf … Muss man aber auch wissen 🤣.

Drinnen eine Oase der Ruhe und Gelassenheit. Überall Hängematten, ganz viel Grün. Die Zimmer des Hotels sind treppenartig an den Hang gebaut. Schöne Balkone davor, Hängematte, Tischchen und ein fantastischer Blick auf den See…

Wir sitzen auf der kleinen Terrasse, trinken ein kaltes Bier und regen uns erstmal ab…

Um 18h beginnt weiter unten in einem extra Relaxbereich die Yoga -Klasse. Da sind wir dabei. Einfach herrlich, an der frischen Luft und mit Blick ins Grüne entspannen wir uns bei 1 1/2 Stunden Yoga und lassen die nervige Fahrt hinter uns…

Danach sieht die Welt ganz anders aus…

Jetzt liegen erstmal zwei Tage chillen mit Seeblick und Wellness vor uns: Yoga, Massage und Spaziergängen durch den bunten Ort… wer hätte das gedacht?

Da wir mitten in der Woche und in der Nebensaison da sind ist hier tatsächlich wenig los. Das kleine Hotel hat im Moment nur am Wochenende Restaurant-Betrieb, also gibt’s hier lediglich nen Kaffee, danach schlendern wir runter ins Dorf: Wäsche wegbringen und frühstücken.

Das Frühstück war so lala, klassischer Fall von „hört sich auf der Speisekarte mega an, aber die Ausführung ist dann halt nur ok“. Wir Schafe dachten auch wir säßen in dem mit fünf Sternchen bewerteten Café, als wir dann bestellt hatten, merkten wir aber, dass die Stühle auf denen wir saßen zu einen anderen Café gehören 🙄, sozusagen ein fließender Übergang… blöd für uns 🙈, aber auch wieder typisch!

Nach dem Frühstück ging’s mit dem Tuk-Tuk zu dem Monolith El Peñol.

Das ist schon beeindruckend. Da erhebt sich auf einmal mitten aus der Seenlandschaft dieser riesengroße Fels…

Der Fels erhebt sich am Rande des Stausees von Peñol-Guatapé und besteht aus Granit(QuarzFeldspat und Glimmer).

Die indigenen Tahamí, welche die Region vorgeschichtlich bewohnten, verehrten den Fels und nannten ihn Mojarrá oder Mujará, was „Fels“ oder „Stein“ bedeutet.

In den 1940er-Jahren wurde der Berg von der kolumbianischen Regierung zum Nationalmonument erklärt.

Der Felsen wurde erstmals im Juli 1954 offiziell bestiegen, als Luis Villegas, Pedro Nel Ramirez und Ramón Díaz den Felsen nach einem fünftägigen Unterfangen mit Hilfe von Stöcken erklommen, die an der Felswand befestigt wurden.

Heute erklimmen ganze Heerscharen von Touristen diesen Fels. Ein wahre Gelddruckmaschine mit allem drum und dran. Der Fels gehört einer Familie und die verdient sich daran wund: Hubschrauberflüge, riesige Hotelanlage, Restaurants,, Souvenirshops, sowohl am Fuß des Felsens, als auch oben auf der Spitze …nicht zu vergessen der Eintritt! … und wir sind auch dabei 🙈.

Allerdings brachte mich dieser Stein doch echt an meine Grenzen…

Über 700 Stufen in Form einer ZickZack Betontreppe geht as den Fels hinauf. Eine relativ schweißtreibende Angelegenheit, vor allem weil wir natürlich wieder mal in der Mittagszeit unterwegs sind und die Sonne so richtig schön knallt…

Aber das ist eigentlich nicht das Problem, ich habe tatsächlich die Höhe unterschätzt.

700 Stufen, das bedeutet im Klartext, der Berg erhebt sich bis auf 2135 m Meereshöhe und damit etwa 220 m über dem Fuß des Felsens. 220 Meter, die wir da jetzt in die Höhe kraxeln, auf einer Treppe, die an den Fels drangeklatscht ist.

Mein Kreislauf ist heute eh nicht so top und ich beginne den Aufstieg mit einem ziemlich schwummrigen Gefühl in der Magengegend. Bei Stufe 200 wird mir super schwindlig. Pause… egal weiter… etwa bei Stufe 400 kriege ich ne totale Panikattacke, Herzrasen, Todesangst. Meine Beine zittern, ich habe kalten Schweiß auf der Stirn und mein Hals ist wie zugeschnürt…

Ja, ich weiß, die die mich kennen, schütteln jetzt den Kopf und sagen sich: ist ja auch voll überraschend, dass das hoch ist und das du das mit deiner Höhenangst vielleicht nicht machen solltest!? Hm, hab ich halt irgendwie verdrängt 🙈.

Jetzt haben wir den Salat! Naja, die Hälfte war ja schon geschafft… wieder runter? Da graute mir noch mehr vor. Also irgendwie weiter rauf. Erstmal stehenbleiben, bloß nicht nach unten schauen und tief Luft holen. Nach einer gefühlten Ewigkeit hat sich meine Atmung wieder eingekriegt und wir stapfen weiter langsam hoch. Stufe 625… nochmal Pause, man kann die Plattform schon sehen. Hier ist die Treppe zweigeteilt, auf der rechten Seite geht es hoch, links runter. Nochmal zusammenreißen, das letzte Stückchen schaffe ich jetzt auch noch.

Oben angekommen, bekomme ich von der schönen Aussicht erstmal nichts mit. Wir setzen uns schön mittig auf eine Treppe. Erstmal abregen, Wasser trinken und irgendwie mit dem Erlebten klarkommen. So eine Panikattacke hatte ich echt noch nicht erlebt… Naja, auch ne Erfahrung.

Nach ner Weile gehts dann. Hier oben habe ich mit der Höhe auch keine Probleme. Ich habe genug Abstand zum Abgrund und man kann schön weit gucken.

Außerdem bin ich einfach nur froh, dass ich oben angekommen bin.

Die letzten 25 Stunden auf den kleinen Aussichtsturm, den sie hier noch oben drauf gesetzt haben tue ich mir dann aber nicht mehr an. Es bleiben 675 Stufen, zusammen mit den unzähligen Stufen, die wir noch vor dem Parkplatz hochgeklettert sind, sind wir locker bei den 700 und mein Bedarf an Treppensteigen ist eh erstmal gedeckt 🙈.

Der Abstieg war dann tatsächlich relativ unkompliziert und es ging auch recht flott. Den Fehler irgendwo hinunterzuschauen habe ich nicht gemacht, sondern die ganze Zeit einfach nur schön meine Füße angeschaut. War allerdings auch einfach, den der Rückweg geht über eine innenliegende Treppe.

Nächster Stepp unserer Sightseeingtour ist der Ort Guatapé selbst.

Guatapé wirbt damit, die bunteste Stadt Kolumbiens zu sein… und sie ist wirklich sehr bunt. Wir starten unsere Stadterkundung am Hauptplatz in einem Café direkt neben der Kirche.

Erstmal eine Kaffee trinken, Tuk Tuks beobachten und das Treiben auf dem wuseligen Platz wirken lassen.

Um 14 Uhr beginnt direkt vor der Kirche eine Free Walking Tour.

Ziel der Tour ist, die Geschichte der Stadt und der sogenannten Zócalos näher bringen soll.

Wir sind die einzigen Teilnehmer… das wir eine sehr exklusive Tour😉.

Wir starten in der Kirche. Ein sehr schönes Gebäude, für katholische Verhältnisse eher schlicht, nicht so überladen mit Gold, wie wir es hier in Lateinamerika schon gesehen haben.., sehr angenehm.

Danach geht unsere Zócalos -Erkundungstour los. Man merkt gleich, das Mädel, was uns herumführt brennt für ihre Stadt und die Zócalos… am Ende wird uns der Kopf schwirren von den ganzen Informationen…

… eines der ersten Reliefs, welches Symbolcharakter hat: Das Lamm Gottes…

Im Grunde lässt sich die jüngere Geschichte Guatapés in die Zeit vor dem Staudamm und nach dem Staudamm einordnen.

Der Staudamm, das war ein gigantisches Projekt der Regierung, um durch das entstandene Wasserreservoir durch Wasserkraft den enormen Energiebedarf der Stadt Medellin zu decken. Deshalb wurden in den Siebzigerjahren hier in der Region ganze Dörfer umgesiedelt.

Das Land wurde damals von Bauern bewohnt, die ihr Land aufgeben und stattdessen in die Stadt ziehen mussten. Es gab nur eine Option: Der Staudamm und die Entscheidung, dass diese Region Tourismusregion werden sollte. Wer nicht mitmachen wollte, musste gehen.

Guatapé ist der einzige alte Ort, der aus der Zeit vor dem See übrig geblieben ist. Alles andere ist im Wasser versunken und die Orte, die heute in der Region existieren, sind danach entstanden.

Der Ort hatte schon immer diese sogenannten Zócalos, allerdings waren sie nicht immer so bunt und symbolisch.

Zócalos bedeutet übersetzt nichts anderes als Sockel. Ursprünglich dienten diese Sockel lediglich dem Wetterschutz des Hauses. Da es hier in den Bergen viel regnet und es keine Kanalisation gibt sind die Hauswände am Boden so spritzgeschützt.

Anfänglich waren die Zócalos rein ornamental und dekorativ. Sie hatten keine weitere Bedeutung. Irgendwann hat dann jemand damit angefangen, die Bilder der reliefartigen Sockel symbolisch zu gestalten. Inzwischen ist es typisch für die Zócalos von Guatapé, dass sie in enger Symbolik zu den Besitzern der Häuser stehen.

Das die Häuser mitsamt ihren Sockel heutzutage so bunt daherkommen ist eine reine Marketingstrategie und dient der Förderung des Tourismus.

Eine Rechnung, die voll und ganz aufgeht, mit all ihren Vor-und Nachteilen: Der Tourismus boomt, das kleine Örtchen ist besonders an den Wochenenden und in der Hauptsaison total überlaufen. Leider sind die meisten Besucher lediglich Tagesausflügler aus Medellin, weswegen der Ort selbst und seine Einwohner nicht so viel vom Tourismus haben, wie erhofft.

Das ist halt immer die Kehrseite der Medaille: Steigende Wohnkosten, weil immer mehr Häuser zu Ferienwohnungen umgewandelt werden und überfüllter Ort mit Fremden…

Am Plazoleta de los Zócalos kann man dies eher unschön beobachten. Eine schmale Straße überspannt mit bunten Regenschirmen führt zu einem kleinen kunterbunten Platz. Ehemals ein Projekt für sozialen Wohnungsbau wohnen hier inzwischen nur noch wenige Einwohner. Der Platz und das Sträßchen ist fest in Touristischer Hand. Menschenmassen schieben sich hindurch, ein Souvenirladen am nächsten, Selfie hier, Selfie dort…

Wir nehmen den Tipp unserer Stadtführerin an und essen in einem Lokal um die Ecke typisch regional: Bandeja paisa, das ist die absolute Kalorienbombe: Bohnen, Reis, Avocado, Kochbananen, Spiegelei, etwas Salat und verschiedene Fleischsorten, darunter Hackfleisch, Chorizo (kolumbianische Wurst), Blutwurst und Schweinebauch (Chicharrón).

Muss man mal gegessen haben, wenn man in Kolumbien ist und war auch recht lecker. Wir haben das ganze allerdings etwas abgewandelt und auf die diversen Fleischsorten verzichtet. Stattdessen gab’s auf unserem Teller nur Chorizo…

Schließlich ging’s zurück zu unserem chilligen Yogahotel und um 18:00 gab es eine schöne 1 1/2 stündige Massage. Einfach wunderbar! So lässt sich ein Tag ausklingen!

Leider geht’s am nächsten Tag schon weiter. Da wir aber bis Medellin nur eine kurze Fahrt vor uns haben, lassen wir’s ganz entspannt angehen. Um 9:00 nochmal für 1 1/2 Stunden Yoga, Frühstücken, Hängematte, packen …

und um 12 Uhr geht’s dann los…

… Richtung Medellin!

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