Wir erreichen die Laguna de La Cocha und staunen nicht schlecht. Vor uns liegt ein riesiger See und das auf 2700 Metern Höhe! Ja, ist schon schlau, wenn man vorher mal ein bisschen auf die Topographie achtet … irgendwie hatten wir mit nem schönen chilligen See gerechnet, in dem man vielleicht baden kann. Das willst du hier nicht, denn es ist arschkalt!!
Aber schön und chillig ist es auf jeden Fall!
Das tut gut! Als wir das Chalet von Steven erreichen, erwartet er uns schon und er hat heißen Tee gemacht… aus grünem Kaffee vorbereitet. Schmeckt total lecker und ist für uns völlig neu. Interessant, dass man die Kaffeebohnen auch als Tee aufbrühen kann, wenn sie noch grün und ungeröstet sind.

Wir kommen erstmal an. Das Chalet von Steven ist eine kleine, an den Hang gebaute, süße Hütte, in der normalerweise selbst wohnt und die er Gästen als Ferienwohnung überlässt. Er selbst schläft in der Zeit in der Etage darunter. Es ist superschön hier. Vom Wohnbereich mit offener Küche schaut man direkt auf den See und Steven ist ein total netter Typ, mit dem wir schnell ins Quatschen kommen. Er hat lange Zeit in Europa gelebt, deshalb spricht er sehr gut Englisch.
Da es schon spät ist und wir noch etwas zu Abend essen wollen, machen wir uns zu Fuß auf den Weg in den Ort.
Ort ist eigentlich zu viel gesagt. Das Chalet befindet sich in einer kleinen Ansammlung von Häusern, verbunden mit kleinen Schotterstraßen. Ein paar Ecken weiter steht das Haus von Rosita, sie betreibt ein kleines Restaurant, El Bosque – Mama Rosita – Restaurant & Yoghurteria. Dort wollen wir hin, das hat uns Steven wärmstens empfohlen.
Als wir dort eintreffen, sitzt noch eine ältere Frau an einem Tisch und nippt an ihrem Kaffee, in voller Montur: Hut, dicker Wollponcho, Schal. (Später wissen wir warum… die Bude ist nämlich total kalt!) Sie lächelt uns an und winkt uns herein.
Erst dachte ich, dass das Rosita ist, aber dann knarzten auf einem die Dielen und eine kleine zierliche Frau mit Kochschürze kommt aus dem oberen Stockwerk eine kleine Holztreppe hinunter.
Das ist also Mama Rosita!
Sie weißt uns einen Tisch direkt am Kamin zu und fängt gleich geschäftig an, Feuer zu entfachen. Wir freuen uns. Gleich wird’s schön warm. (Denkste, dem ist nicht so, denn das Holz ist feucht und das Feuer kommt nicht in Gang… aber das wissen wir da noch nicht 😉).

Wir bestellen das Menü, ich mit Fleisch, André mit Fisch. Bevor es mit dem Essen losgeht, gibt es zu unserem Bier Popcorn. Sehr coole Idee!

Inzwischen haben wir festgestellt, dass sich das mit dem Feuer äußerst schwierig gestaltet. Rosita rennt immer zwischen Küche und unserem Raum hin und her.
Bringt uns die obligatorische Suppe… sehr lecker! Eine Gemüsesuppe! Die schmeckt, als wäre das Gemüse eben noch im Garten gewesen. Höchstwahrscheinlich ist dem auch so.
Dann kommt wie wieder mit Pappkartons, um das Feuer anzufachen. Ein gescheiter Grillanzünder wäre nicht verkehrt, oder trockenes Anzündholz.
Ich frage mich, wie sie bei dem ganzen hin und hergerenne überhaupt zum kochen kommt. Aber wahrscheinlich ist das meiste schon vorbereitet.
Auf jeden Fall ist alles superlecker und frisch. Die papas fritas sind sogar aus ganzen Kartoffeln geschnitten. Zum Nachtisch gibt es eine Spezialität der Gegend: eine süß eingelegte Frucht, schmeckt ein bisschen wie Birne und sieht auch so aus. Dazu Käse, der optisch an Feta erinnert, geschmacklich aber irgendwie nichts hermacht. Schmeckt irgendwie trocken… nicht so mein Fall, aber ok.
Irgendwann ist das Bier alle und auch der frisch gemachte Mangosaft, der obligatorisch zum Menu gehört und wir machen uns auf den Rückweg.
Draußen ist es stockdunkel. Keine Straßenlaterne, nix. Wie auch, das sind hier alles nur etwas bessere Feldwege. Ich überlege noch kurz, ob das wohl sicher ist… Aber wer oder was soll hier schon herumlaufen? Die sitzen alle zuhause vorm Ofen! Es ist arschkalt.
Wir stellen unser Handy auf Taschenlampe (fehlt noch, dass wir uns hier im Dunklen die Haxen brechen) und stiefeln los.
Über uns der wahrscheinlich schönste Sternenhimmel, den ich seit langem gesehen habe!
Wir sind noch nicht weit gekommen, da kommen mit einem Mal mehrere Hunde angelaufen. Ah Mist, die hatte ich tatsächlich verdrängt. Die hatten uns auf dem Hinweg auf dem Kieker. Das braucht man jetzt im Dunklen ja nun auch nicht 😳!
Aber, interessanterweise sind die ziemlich friedlich. Im Gegenteil, einer der drei Hunde begleitet uns sogar ein Stück. Vielleicht will er schauen, dass wir auch den Weg finden 🤣.
Nach einer ziemlich frostigen Nacht stellen wir am nächsten Morgen erstmal alle Heizlüfter auf Turbo, die wir so finden können. Steven bringt uns noch seinen zusätzlich rauf. Voll nett, aber der arme Kerl hat dann ja selbst keinen und muss frieren! Er besteht aber darauf und meint für ihn sei das ok…


Dann bereitet er uns ein absolut fantastisches Frühstück zu. Wir hatten uns schon gefragt, wie das überhaupt gehen soll, denn das Chalet ist ja im Grunde genommen wie eine Ferienwohnung, also könnte man davon ausgehen, dass man sich selbst versorgt. Hätten wir auch, aber dann hätte man auch vorher einkaufen müssen… Naja, wir hatten das ganze aber über booking.com gebucht und da stand, dass es inklusive Frühstück ist…
… und das Frühstück war richtig toll! Mit frischem Saft aus Brombeeren, Obst, Spiegelei und Brot und natürlich frisch zubereitetem Kaffee, von den Kaffeebohnen, die hier im Ort angebaut werden und wo sich Steven einsetzt, dass der Kaffee biologisch und nachhaltig angebaut wird. Auf seine Initiative ist hier eine kleine feine Kaffeecooperative entstanden, die den Leuten hilft ihren Lebensunterhalt gut und ohne irgendwelche Drogengeschäfte zu gestalten.

Draußen hat es sich so richtig schön eingeregnet und wir beschließen, heute definitiv nicht weiter zu fahren. Heute wird gechillt und auf besseres Wetter für morgen gehofft. Unsere Motorradklamotten müssen eh erst mal trocknen von der gestrigen Fahrt…
Wir verbringen den gesamten Vormittag im Haus. Wie gut, dass es hier so gemütlich ist, da kann man sich schön einmummeln. Draußen regnet es und ist ungemütlich und hier drinnen liegen wir schön im Warmen auf dem Sofa und hören Musik.

Irgendwann Mittags klart es ein wenig auf und wir ergreifen die Gelegenheit, um uns ein bisschen die Beine zu vertreten.

Die Straße runter kommt man an den See und eine schöne Hotelanlage, die irgendein Schweizer in den 50er Jahren gebaut hat. Inzwischen ist der ehemalige Eigentümer in Rente, die neuen Eigentümer kommen aus Cali, aber haben alles so belassen. Eigentlich schlau… Never change a running system…
Das wollen wir uns mal anschauen, außerdem soll man hier auch gut essen können und es ist ja schließlich mittags.



Aber erstmal geht’s zum See. Der ist wirklich schön. Schade, dass das Wetter nicht besser ist, dann hätte man sich ein Boot mieten und in der Gegend rumschippern können. Naja, so ist auch ganz schön… wir stehen ein bisschen am Wasser und schauen uns die kleinen Blockhütten an, die man hier im Hotel mieten kann. Alles ist total leer…


… eine wunderbar friedliche Stille über dem See. Ein paar Vögel fliegen herum. Im Schilf raschelt etwas… wahrscheinlich auch ein Vogel. Zwischendurch taucht ein Fisch auf… zumindest glaube ich das, denn man sieht die Ringe im Wasser.

Mit der Zeit wird es kalt und wir gehen zum Hauptgebäude. Mal sehen, ob es hier etwas zu essen gibt.

Auf den ersten Blick sieht das nicht so aus. Das Gebäude liegt total ausgestorben da. Aber… die Tür geht auf, also gehen wir rein.
Drinnen ist auch alles leer, keine Menschenseele zu sehen. Wir stehen in einem riesigen Gastraum, der original aussieht, als wäre er aus den Schweizer Bergen hierher gebeamt worden.


Im hinteren Bereich regt sich etwas, da scheint doch irgendwo ein Kellner oder so herum zu laufen. Wir gehen hin und eine Kellnerin kommt um die Ecke. Ja, sie haben auf, aber es gibt nur ein Gericht. Das Menü mit trucha.
Trucha, das ist hier die Spezialität. Auf dem Papier ist das Forelle. André hatte das gestern schon bei Rosita und hat es eher als Lachsforelle identifiziert. Für André also kein Problem, das nochmal zu essen. Er mag Fisch. Ich ja nicht so, aber ich kann ja drum herum essen.

Wir setzen uns also hin und bekommen unser Menü…
… und… eigentlich fast klar, es hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem, was wir gestern bekommen haben. Wir können hier also den totalen Foodtest machen und die beiden Küchen vergleichen. Mama Rosita gegen das Schweizer Haus 😉.
Vorweg die Gemüsesuppe… ist nicht genauso, aber auch sehr lecker. Unentschieden würde ich sagen.


Dann der Fisch, das muss André beurteilen, ich hatte ja gestern Fleisch. Aber für nen Fisch war das echt gut und ich hatte tatsächlich nur ein ganz paar kleine Gräten. Das war uns schon gestern aufgefallen, dass die irgendwie die Gräten aus dem Fisch herausgenommen haben, obwohl es kein Filet ist… faszinierend (um es mit Mr. Spocks Worten zu sagen).
Der Punkt für die Papas Fritas geht auf jeden Fall an Mama Rosita. Beim Nachtisch sind wir uneins. Es ist wieder der tipico Nachtisch mit der Birnenfrucht. Ich finde den hier einen tuck besser, liegt am Käse, der ist nicht so trocken.


Alles in allem aber bei beiden sehr gelungen. Trotzdem reicht es uns erstmal mit dem trucha. Für’s Abendessen müssen wir uns was anderes überlegen, aber im Moment sind wir eh pappsatt.


Als wir kurz darauf zum Chalet zurück gehen kommt uns Steven mit seiner Freundin entgegen. Die beiden wollen auch etwas essen und irgendwie noch was arbeiten. Außerdem will er nach seinem Kaninchen sehen. Das hat er irgendwie dem Hotel geliehen und jetzt will er sehen, ob es noch lebt. Witzig.


Als es dunkel wird haben wir dann doch noch ein bisschen Hunger. Zum Glück ist Steven immer noch beim Schweizer Haus und kann uns zwei kalte Bier und eine Portion Pommes mitbringen. Dann müssen wir nicht mehr raus in die Kälte.
Nachts fängt es dann wieder an zu regnen und regnet die ganze Nacht durch. Hoffentlich ändert sich das noch bis morgen. Wir haben wenig Lust auf eine weitere Regenfahrt.



Am nächsten Morgen klart es zum Glück auf und die Sonne kommt sogar ein bisschen durch 😅!
💪🏻 unserer Weiterfahrt steht also nichts im Wege!


Wir wollen früh weg, denn es liegt eine ziemliche Strecke vor uns. Etwa 230 Kilometer bei 5 Stunden reiner Fahrzeit. Dazwischen der Grenzübergang nach Ecuador und die Kirche von Las Lajas kurz vor der Grenze. Die möchte ich unbedingt sehen!