Dalton Highway: 620 km Schlammschlacht bei Regen für ein Foto – auf dem Dalton Highway zum Arctic Circle…

13. August 2018.

Der Dalton Highway zum  Arctic Circle: Gestern haben wir uns diverse Horrorszenarien zum Dalton Highway im Internet durchgelesen. Von supereasy bis brandgefährlich war da alles dabei.

Angeblich bleiben da jedes Jahr zig Leute mit ihren Fahrzeugen liegen, verrecken im Schlamm oder werden von Moskitos zerfressen…

und da wollen wir hin? Definitiv ja – allerdings wollen wir es vom Wetter abhängig machen. Man hat ja Verantwortung…

Wir starten sehr früh. Der Wecker klingelt um 6h: Schnelles Anziehen, Frühstück, noch ein Schnittchen geschmiert

(unterwegs auf dem Dalton Highway zum Arctic Circle gibt es nichts – kein Restaurant, keine Tankstelle, kein Haus… nur Natur).

Bis wir dann loskommen ist es schließlich 8h: Tanken, eine Benachrichtigung an unsere hosts (und an zuhause) schreiben (wo wir sind und wann wir planen zurück zu sein – nur für den Fall der Fälle, man weiß ja nicht, was einen erwartet…) und dann endlich los. Das Wetter sieht ok aus, zwar etwas bewölkt aber trocken…

Auf dem Steese Highway geht es zunächst stadtauswärts. Irgendwann geht die Straße in den Elliot Highway Richtung Livengood.

Zu Beginn des Elliott fahren wir noch die Hilltop Truck Stop an: Wasser und Snickers kaufen (Notfallessen…). Wir treffen eine Reisegruppe im Minibus, die auch die Fahrt zum Arctic Circle vorhat und unser Motorrad bestaunt… Die Leute sind sich einig, dass dies „a good bike“ für die Straße ist…

Ich bin ganz froh, dass noch ein paar Leute auf dem Weg sind, falls irgendetwas passiert, können die uns einsammeln.

Am Anfang sieht alles ganz gut aus. Die Straße ist noch geteert, allerdings in keinem besonders tollen Zustand. Einige Bodenwellen lassen das Motorrad ganz schön hüpfen. Die Landschaft zieht an uns vorbei, wir fressen Kilometer… Es geht meist auf gerader Strecke durch die Berge. Das Wetter hält sich, teilweise blitzt die Sonne durch. Wenn das so bleibt, könnte das mit der Straße gut zu schaffen sein… An einer Baustelle schließen zwei weitere Motorradfahrer auf (eine Africa Twin und eine BMW) … schön, dann kann man zusammen fahren.

Dalton Highway

Dalton Highway

Mit der Zeit wird die Straße immer schlechter und das Wetter auch… Ein Blick zum Horizont – da braut sich etwas zusammen! Ohje, alles bloß bitte keinen Regen! Wenn die paved road schon so schlecht ist, wie soll das dann erst auf der gravelroad gehen ?.

Dalton Highway

In regelmäßigen Abständen kommt uns so ein Ungetüm entgegen…

Der Dalton Highway zum Arctic Circle und der anschließende Elliott Highway ist die einzige Verbindung in den Norden zur Prudhoe Bay am arktischen Meer. Eigentlich gibt es da nichts außer einer Ölplattform, dennoch fahren hier Trucks ohne Ende. Hoffentlich kommen uns nicht so viele entgegen, wenn die Straße ungeteert ist …

Dalton Highway

Es geht weiter auf dem Elliott Highway. Am Horizont kann man schon die Ölpipeline sehen. Sie geht an der gesamten Strecke zur Prudhoe Bay entlang – mal mehr, mal weniger zu sehen.

Dalton Highway

Kurz hinter Livengood zweigt die Straße zum Dalton Highway ab… und jetzt wird es dreckig…

Dalton Highway

Wir haben den Dalton Highway zum Arctic Circle erreicht. Ab jetzt heißt es also dirtroad fahren … und zwar die fieseste Sorte… loser Schotter, teilweise tiefe Spurrillen und immer wieder Schlaglöcher…

Zum Glück hält das Wetter! Die Straße ist zwar nass, weil es am Vortag geregnet hatte, aber es regnet nicht und so kann man die vielen Schlaglöcher rechtzeitig sehen um ihnen auszuweichen…

Dalton Highway

… die Straße windet sich durch die Landschaft. Wir kommen nur sehr langsam vorwärts – erst Meile 14 (von 198?) – puh das wird kein Spaß… es zieht sich. Dann wird die Straße plötzlich glitschiger, richtig schleimig, fast seifig… eine regelrechte Rutschpartie… jetzt bloß nicht ausrutschen….

Meile 25 –  viele Möglichkeiten zum Halt gibt es an der Strecke nicht. Wir machen eine kleine Pause nach der Schlitterei… kurzer Check: das Motorrad ist schon ganz schön dreckig, hoffentlich wird die Straße wieder etwas besser. Mit den kraterartigen Schlaglöchern kann man ja einigermaßen umgehen aber dieser Schleim…

lass es bloß nicht regnen!

Nach einigen Meilen hört der Schotter auf und die Straße ist wieder geteert … Zum Glück! Durchatmen… Aber denkste, jetzt spielt das Wetter nicht mehr mit. Wir fahren mitten durch die Wolken. Dicker Nebel umgibt uns, man sieht so gut wie nichts. Hinzukommt, dass die geteerte Straße in einem noch schlechteren Zustand ist als der vorherige Abschnitt: riesige Schlaglöcher tun sich auf… In einem haben sie freundlicherweise eine Pilone versenkt. Sie schaut nur noch mit der Spitze heraus! Bitte, wie tief ist denn dieses Loch?! Und die anderen „ungesicherten“ sehen nicht viel weniger tief aus … Wehe wir fahren in so etwas rein!

Dalton Highway

Dalton Highway

Bei Meile 60 dann endlich die Brücke über den Yukon. Inzwischen hat es angefangen zu stippeln… auch nicht besser als der Nebel vorher! Hinter der Brücke können wir kurz durchatmen – Hier ist eine Station für Trucker, das Yukon River Camp, die einzige Möglichkeit zum Tanken für die nächsten 189 Kilometer…

… meine Güte, stehen wir ab! Das Motorrad, die Schuhe, mein Hinterteil, alles voller Matsch… in einer schönen gleichmäßigen Schicht draufgesprüht…

Dalton Highway

Dalton Highway

Wir gehen in die Station, eine riesige Halle mit Tischen, Stühlen, Theke… Souvenirshop, wo man T-shirts und Aufkleber kaufen kann.

Der Gestank von Diesel und Öl schlägt uns entgegen, gemischt mit Kaffeeduft und den Gerüchen aus der Küche.

Aber es ist warm, trocken und wir brauchen dringend einen Kaffee… Vielleicht auch etwas warmes zu Essen… Im ganzen Laden stehen Kartons mit chinesischen Nudeln herum… na die scheinen ja der Renner zu sein! Schließlich bestellen wir eine chinesische Nudelsuppe ? – die ist der Hammer! Eine riesige Portion und ganz frisch zubereitet…

das tut gut nach der Schlammschlacht da draußen!

Ein Mädel aus der Türkei spricht uns an, sie ist seit gestern hier – gestrandet auf dem Weg nach Prudhoe Bay – ihr Motorrad steht bei km 158 (Finger Mountain) – ab da hat sie es nicht mehr geschafft und die Fahrt abgebrochen… Es war ihr zu glitschig. Ohje – und wir sind zu zweit auf dem bike…

Es kommen noch ein paar Motorradfahrer rein, völlig durchnässt und abgekämpft. Sie haben die Tour von Prudhoe Bay zurück hinter sich… das Wetter ist schlechter da oben und die Straße kein Vergnügen… na prima – genau das wollten wir nicht…

Schaffen wir das jetzt überhaupt? Wir sind schon so weit gekommen… aber es liegen noch knapp 100 km vor uns auf dem Dalton Highway zum Arctic Circle und dann müssen wir auch alles wieder zurück!

Egal, was wir angefangen haben, ziehen wir jetzt auch durch.

Als wir aus dem Hauptgebäude des Yukon River Camp herauskommen hat es angefangen richtig zu regnen. Misst, hoffentlich hört das bald wieder auf. So wird die Fahrt langsam echt unangenehm…

Dalton Highway

Weiter geht es durch den Matsch. Die meiste Strecke ist zum Glück nicht so glitschig wie zu Anfang, trotzdem wird es zunehmend schwieriger – Der Regen nimmt einem jegliche Sicht. Ich wische mir immer innen wie außen über das Visier: Von außen Regentropfen von innen beschlagen…

Ich sehe nichts, der totale Blindflug – Wie kann André da überhaupt einen Meter fahren?

Die BMW pflügt mit uns durch Schotter und Schlamm, ständiges Ausweichen vor den Schlaglöchern, die sich inzwischen mit Wasser füllen und zu kleinen Seenlandschaften werden. Teilweise balancieren wir regelrecht auf dem immer schmaler werdenden befahrbaren Streifen, rechts und links Krater und Spurrillen – wie eine Ballerina auf dem Seil. Von oben der Regen. Langsam fühlen sich die Klamotten auch kalt an. (Sind die Sachen doch nicht dicht? Wahrscheinlich nicht auf Dauer…) Von vorne ständig spritzender Schlamm der entgegenkommenden Fahrzeuge…

Am schlimmsten sind die Trucks: Riesige LKWs die uns entgegen donnern, bloß irgendwie ausweichen und trotzdem nicht den Halt verlieren…

Wir ducken uns hinter die viel zu kleine Windschutzscheibe um uns vor dem Schlamm und Gesteinsbrocken zu schützen, die und diese Ungetüme entgegen schleudern…

Kann es denn nicht bitte endlich aufhören zu regnen? An Fotografieren oder Filmen ist gar nicht zu denken… ich bin völlig damit beschäftigt mich möglichst leicht zu machen und auf eventuelle Bodenwellen und Schlaglöcher zu reagieren, denen wir nicht rechtzeitig ausweichen können.

Die Biker vom Yukon River Camp hatten uns gesagt, dass die Straße nach ca. 56 km wieder bis zum Arctic Circle mit einer Teerdecke ausgestattet sein soll, dann muss es ja besser werden…

Denkste, es wird noch schlimmer! Kaum haben wir wieder Asphalt unter den Rädern wünsche ich mir den Schotter zurück – wie kann eine Straße nur so kaputt sein? Wie Krater tun sich immer wieder plötzlich die Schlaglöcher vor uns auf, durch den anhaltenden Regen meist viel zu spät zu entdecken…

Einige Male können wir nicht ausweichen und die BMW rast durch, ein heftiger Schlag geht durch die Maschine und uns, aber sie hält die Spur…

Wir überqueren mehrere kleine Creeks, die Landschaft rechts und links ist wahnsinnig schön, zumindest das was man davon sehen kann – schade, bei schönem Wetter, ist diese Tour bestimmt atemberaubend… so auch, aber eher, weil wir uns mega konzentrieren müssen … Ein Fahrfehler hier bei dieser Witterung kann uns das Motorrad kosten… Ich halte die Augen offen, bloß nicht Km 186 und damit die Abfahrt vom Dalton Highway zum Arctic Circle verpassen! Wir wollen keinen Meter zu viel fahren auf dieser Strecke.

Irgendwann kommt und ein Biker entgegen, reckt die Faust zum Himmel … er hat es schon geschafft – den Weg auf dem Dalton Highway zum Arctic Circle! Der völlige Adrenalinrausch hier…

Und dann haben wir es auch endlich geschafft! In strömendem Regen fahren wir auf den kleinen Rastplatz am Polarkreis vor und parken das Motorrad direkt vor dem begehrten Beweis:

Dalton Highway Arctic Circle

Dalton Highway Arctic Circle

Dalton Highway Arctic Circle

Bei dem Mistwetter halten wir uns nicht lange auf und machen uns gleich wieder auf den langen und anstrengenden Rückweg – wir wissen ja, was noch auf uns wartet und die Zeit läuft…

Der erste Teil der Rückweg geht erstaunlich schnell herum, André knallt mit einem ziemlichen Tempo die Straße hinunter, inzwischen sind wir fast an den Schlamm gewöhnt, dreckig wie wir sind ist jede weitere Schlammdusche die kommt auch egal – Hauptsache sicher und möglichst schnell durch!

Dalton Highway Arctic Circle

Dreckig aber total happy am Yukon River Camp wieder angekommen…

Das Mädel aus der Türkei ist auch wieder da. Sie hat es geschafft, ihr Motorrad selbst hierher zu fahren – jetzt will sie noch eine Nacht bleiben und morgen auf besseres Wetter hoffen um die Fahrt auf dem Dalton Highway zum Arctic Circle erneut zu versuchen… taff ist sie ja…

Dalton Highway

Dalton Highway

Wir machen noch einmal eine kurze Kaffeepause und Tanken. Dann geht es weiter… es regnet natürlich immer noch, unsere Handschuhe sind inzwischen komplett durchnässt, der Rest nicht (es geht doch nichts über gute Kleidung ?) fühlt sich aber total kalt an … nun gut, da müssen wir jetzt durch. Erstmal wieder über die total glitschige Holzbrücke über den Yukon …

Dalton Highway

… und dann alles wie gehabt: Schlamm, Matsch, Schlaglöcher, Regen, fette Trucks, Glitsch und Schleim, Schotter und irgendwann endlich wieder die asphaltierte Straße und das Schild „Welcome to the Dalton Highway“. Das hatten wir auf dem Hinweg verpasst… wie schön, jetzt auf dem Rückweg ein „We survived the Dalton Highway“ – Foto zu machen?!

Dalton Highway

Dalton Highway

Danach waren es „nur“ noch gute 130km durch den Regen zurück nach Fairbanks… Wie haben wir uns wieder einigermaßen sauber bekommen?

Zum Glück haben wir noch einen Carwash mit selfservice gefunden – ganze 20$ haben wir da in den Hochdruckreiniger reingesteckt und dann alles schön abgekärchert! Erst das Motorrad, dann die Gepäckrolle und schließlich uns…

grrr – ich wollte schon immer mal mit nem Hochdruckreiniger abgespritzt werden ?.

Schließlich sind wir dann gegen 22h völlig abgekämpft und klatschnass (wobei – die Motorradstiefel, Hose und Jacke waren nur von außen nass) aber einigermaßen sauber in unserem Airbnb angekommen… alles zum Trocknen aufgehängt und ab in die Falle… Das waren unsere 620km Schlammschlacht auf dem Dalton Highway zum Arctic Circle.

Dalton Highway

3 Gedanken zu „Dalton Highway: 620 km Schlammschlacht bei Regen für ein Foto – auf dem Dalton Highway zum Arctic Circle…

    1. War ein absolutes Highlight unserer Tour ? allerdings tatsächlich von der Art „gut, dass man vorher nicht weiß, auf was man sich da einlässt“ ?

  1. 30.07.2019 – Oh Gott, was für ein Wetter. Dieser Schlamm und die von Euch beschriebenen Schlaglöcher – Wahnsinn, das mutet man normalerweise ja nicht mal einem Auto zu! Die vielen (z.T. auch beängstigenden) Eindrücke, der unendlich lange Highway, die brillanten Fotos am „Arctic Circle“ und die unfallfreie Rückkehr nach Fairbanks entschädigen sicherlich für die Strapazen der Tagesetappe (…3 Daumen hoch!)

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