Der Wecker klingelt um 4:30 am. Wir haben eine Verabredung mit der Sonne. Es geht zum Sunrise in den Joshua Tree NP. Es geht in den Cholla Cactus Garden.
Schnell angezogen, die Sachen für’s Frühstück in die Kühlbox gepackt und ab damit ins Auto.
Um 4:45 sitzen wir gespornt und gestiefelt im Wagen … auf dem Weg zum Joshua Tree NP.
Von Twentynine Palms benötigen wir etwa 30 Minuten bis zum Cholla Cactus Garden. Da wollen wir heute hin. Sowohl im Internet, als auch von dem Ranger gestern Abend, wurde uns dieser Platz im Nationalpark als der beste Platz empfohlen, um den Sonnenaufgang zu erleben.
Es ist noch stockfinster. Dennoch bläst uns schon der Wind wie ein Fön um die Ohren… wirklich abgekühlt hat es sich hier im Ort heute Nacht gar nicht. Da bin ich ja mal gespannt, wie die Temperaturen im Park sind.
Wir erreichen den Kaktusgarten 🌵 gegen 5:10. Um 5:20 ist Sonnenaufgang, da bleibt noch Zeit, sich ein wenig zu orientieren. Es ist immer noch dunkel und wir sind ganz alleine auf dem Parkplatz am Cholla Cactus Garden. Im Moment sieht man nur ganz leicht, wie sich die Silhouette der Berge gegen den Himmel abzeichnet. Alle anderen Formen verschwimmen zu einem grau in grau, nur ganz leicht ist zu erkennen, dass die Fläche mit vielen Pflanzen derselben Erscheinung bewachsen ist…
Es ist ganz still und angenehm kühl…
…und dann fängt pünktlich um 5:20 das Spektakel an…
Zuerst ist es nur ein schwacher orangeroter Schimmer, der hinter den Bergen zu leuchten beginnt. Wie eine Decke breitet sich der Schein immer weiter und in den verschiedensten Rottönen über die Landschaft aus.
… wir sind ganz alleine und beobachten die Sonne, wie sie langsam die Dunkelheit verscheucht.
Ein neuer Tag in der Wüste beginnt…

Aber noch ist die Sonne nicht wirklich aufgegangen, die Berge hindern sie daran mit voller Kraft in das Tal der Kakteen zu scheinen.
Es liegt ein silberner Glanz über uns und der Landschaft und taucht die Kakteen in ein fahles Licht.
Noch erscheinen die Pflanzen in diffusem Graugrün bis Graubraun, der Sandboden hebt sich hell ab während im Hintergrund die Sonne weiterhin ihr Spiel mit den Farben treibt, jetzt von Graurosa bis Orangegelb.

Mit jeder Minute, die sich die Sonne über die Bergspitzen kämpf, schälen sich die Konturen der einzelnen Pflanzen undLandschaftsmerkmale aus den Schatten der Nacht heraus. Langsam gibt das Licht den Blick auf das Tal, in dem wir uns befinden frei…
Es ist atemberaubend…
Vor uns erstreckt sich eine unfassbar weite Landschaft. So weit das Auge reicht ist sie mit ein und derselben Pflanze bedeckt: dem Cholla Cactus. Kein Wunder, dass dieser Teil des Nationalparks nach dieser Kakteenart benannt wurde! Wie ein Teppich sind sie über den Boden ausgebreitet und bedecken ihn in unzähligen Formen und Größen.

Der Cholla Cactus wird wegen seines puscheligen Aussehens aus Teddybärkaktus genannt. Die Pflanzen sehen auch wirklich richtig kuschelig aus. Aber dieser Schein trügt, den das vermeintlich kuschelige sind abertausende fiese Stacheln mit denen der Kaktus dicht besetzt ist.


… und die sind echt fies. Ich hatte versucht mein Ministativ in einer Astgabel eines größeren Cholla abzustellen um ein besseres Foto zu bekommen. Die Strafe kam sofort: Als ich mein Stativ herausnahm (wohlgemerkt erfolglos, denn für ein vernünftiges Foto war die ganze Sache zu wackelig) waren die Füße des Stativs komplett mit Stacheln bedeckt, die bombenfest in dem weichen Gummi steckten und sich auch nicht ohne den Einsatz von purer Gewalt entfernen ließen. Mit ner Pinzette hätte ich es wahrscheinlich mit viel Geduld eleganter gelöst, da wir aber nun einmal keine da hatten musste ich sie regelrecht abschlagen.

Nun habe ich ein Stativ, in dem wahrscheinlich für immer minikleine Kaktusstachelreste stecken 🙈…
Diese Stacheln anzufassen ist nämlich eine saudumme Idee, da hast du gleich ne schöne Stichwunde, die höllisch wehtut.
Also Finger weg von den wunderschönen Pflanzen! Sie wehren sich!

Dieser Kaktus ist ein faszinierendes Gewächs. Er wird auch Jumping Cholla genannt. Dies hat er der Tatsache zu verdanken, dass er alles was ihm zu nahe kommt geradezu anspringt. Auf diese Weise gelangen Pflanzenteile z.B. in das Fell eines unvorsichtigen Tieres, welches es dann davonträgt und an anderer Stelle irgendwann irgendwie wieder loswird (wahrscheinlich nachdem es total unter dem Mitreisendem gelitten hat). Das Stückchen Cholla aber ist sogar in der Lage an der anderen Stelle Wurzeln zu schlagen.



Wenn der Cholla seine Stacheln verliert bliebt das skelettartige Holz des Kaktus übrig, was sehr cool aussieht, wie ein Netz mit unterschiedlich großen Löchern…

Mit der Zeit schafft die Sonne es über die Bergkette und legt ihren goldenen Glanz über die wunderschöne Landschaft. Wieder verändert sich der Eindruck der Umgebung und mit dem goldenen Glanz der Sonne kommt auch die Wärme zurück.

… und dann ist sie da! Die Sonne ist zurück!
Die Zeit der Schatten ist vorbei. Gleißendes warmes Licht erstreckt sich über die Kakteen im Tal. Das ist das Mikroklima, welches diese Kakteen lieben: trocken und heiß!

Wir genießen noch ein wenig den Anblick der Teddybärkakteen im strahlenden Sonnenlicht und wandern die Wege des Cholla Cactus Garden ab. Inzwischen hat die Sonne wieder sehr viel Kraft, dabei ist es gerade einmal 8h morgens.
Wir gehen zurück zum Auto und fahren ein Stück zurück in die höher gelegenen Bereiche des Parkes. Hier gibt es weniger Kakteen, aber dafür wunderschöne Felsformationen aus Sandstein.
Wir sind auf dem Weg zum Arch Rock im Joshua Tree NP!
Solange die Sonne noch nicht ihre ganze Kraft erreicht hat und der Aufenthalt im Park fast unerträglich wird wollen wir noch ein bisschen wandern. Wir wollen zum Arch Rock im Joshua Tree NP.
Hier ist es noch etwas kühler als im Tal wo die Chollas stehen. Die Felsen, in den denen sich der Arch Rock verbirgt sind in einem höher gelegenen Teil des Parkes, wo die Sonne noch ein bisschen Zeit braucht bis sie die Umgebung aufheizt. Unsere Chance für eine kleine Wanderung.

Wir parken am White Tanks Campground. Hinter diesem Campingplatz gibt es einen direkten Einstieg in den Hike zum Arch Rock und wir sparen uns ein ganzes Stück des Rundweges vom offiziellen Wanderparkplatz. Eigentlich ein bisschen illegal, weil an der Zufahrt fett steht, dass das Parken am Campingplatz nur für Camping und nicht für den Day Use ist, aber der Campground ist ohnehin geschlossen. So ist das parken dort wirklich unproblematisch und wir könne uns auf diese Weise auch einmal den Campingplatz ansehen, der wirklich toll gelegen ist und schöne Plätze direkt unterhalb der Felsen bietet. Wehmütig schaue ich auf die großzügigen Stellplätze in totaler Einsamkeit und es wird mir wieder bewusst, wie schade es doch ist, dass wir aufgrund der Hitze nicht im Park zelten können. Ein schwacher Trost ist allerdings, dass wir zumindest hier ohnehin nicht unser Zelt hätten aufschlagen können, da der Platz ja eh gesperrt ist (so, wie einige andere auch, wie wir später noch feststellten).

Der Trail zum Arch Rock geht direkt hinter dem Campingplatz in die Felsformation hineininterpretiert windet sich zwischen den Felsen hindurch. Teilweise ist es nur ein ganz schmaler Pfad, auf dem wir hintereinander herlaufen.

Die meiste Zeit geht es auf staubigem Grund, allerdings müssen wir, je weiter wir in die Felsen vordringen auch ein wenig klettern und kraxeln.

… und dann stehen wir plötzlich direkt unter dem so oft fotografierten Fels des Joshua Tree Nationalparks, dem Arch Rock.

Auf den ersten Blick sieht er aus unserer Perspektive gar nicht wie ein Bogen aus, sonder erinnert eher an einen riesigen Elefanten, der da in schwindelerregender Höhe in den Felsen liegt. Erst wenn man ein Stückchen in die Felsen hineinklettert sieht man den eigentlichen Bogen.

Wir laufen um den Arch herum, von der Rückseite kann man den Bogen nun gut sehen… ganz schön hoch da oben! Da müssen wir erst einmal schauen, wie wir am besten hinaufkommen…
André macht den Anfang und klügelt einen Weg aus, während wir unten noch ein wenig die Umgebung erkunden (eigentlich wollte ich ja auch noch zum Heart Rock, aber das lässt sich der Weg einfach nicht finden und die Motivation in der Truppe lässt aufgrund der zunehmenden Hitze auch langsam nach …).



… und einmal in die andere Richtung geschaut schon ist André auf dem Arch…

Da wollen wir auch hoch!

Also geht die Kraxelei los…
Zum Glück ist der Stein nicht glatt. Im Gegenteil, er hat eine sehr raue Oberfläche, die schön griffig ist, sodass wir einen guten Halt haben. Allerdings hinterlässt der Stein überall da, wo man sich abstützt oder hinkniet ein komisches Punktemuster auf der Haut.

Schließlich haben wir es geschafft und sind oben auf dem Arch Rock angelangt.
Von hier aus hat meine eine wunderbare Aussicht auf die Landschaft, allerdings geht es auf der anderen Seite auch ganz schön steil runter… da wären wir wohl nie hochgekommen …

Bleibt nur die Frage, wie ich da wieder runterkomme. Vor allem ich mit meiner Höhenangst 🙈. Rauf ist ja bekanntermaßen einfacher als runter…

Wie man sieht haben wir es dann doch alle irgendwie wieder heruntergeschafft 😉 und wir treten den Rückweg an. Langsam wird es ziemlich warm und ein leichtes Hüngerchen macht sich in der Magengegend bemerkbar…


Jetzt heißt es ein schattiges Plätzchen zum Frühstücken zu finden….
Das ist in der Wüste allerdings gar nicht so einfach. Auf die Plätze am Campground, die eben noch im Schatten der Felsen lagen knallt inzwischen die Sonne mit voller Wucht. Das können wir schonmal vergessen.

Also machen wir uns auf den Weg zum Auto und beratschlagen, was zu tun ist. Auf der Karte sind noch einige Picknickplätze eingezeichnet die weiter oberhalb von uns im Park liegen, unter anderem auch der Platz beim Cap Rock in der Nähe vom Hidden Valley, wo wir gestern waren. Da wissen, wir, dass es schöne Picknicktische gibt, die unterhalb großer Felsen stehen. Mit etwas Glück liegen die noch im Schatten und vielleicht ist es dort im Park auch noch nicht so warm.
Gesagt, getan, wir setzten uns ins Auto, freuen uns über die Klimaanlage und klappern die eingezeichneten Picknickplätze ab.
Auf der Suche nach dem ultimativen Frühstücksplatz!
Der erste Platz ist nix… der Platz liegt unterhalb einiger Felsen, die auch einen herrlichen Schatten spenden, nur leider sind die Picknicktische nicht dort aufgebaut, sondern ein paar Meter weiter in der prallen Sonne. Ganz schön blöd 🤪!
Direkt gegenüber dieses Platzes gibt es eine weitere Abfahrt. Ein Schild weißt zum Parkplatz beim Split Rock Trail. Vielleicht haben wir da Glück? Wir biegen auf die Schotterpiste ein. Es geht ein ganzes Stück auf Schotter in die Felsformationen hinein, von weitem sehen wir den Parkplatz mitten in der prallen Sonne liegen…. Nein, auch das sieht nicht gut aus. wir fahren dennoch weiter, da man hier auf der Strecke nicht gut wenden kann.
Gut, dass wir das gemacht haben, denn als wir am Pakplatz ankommen sehen wir, dass da direkt unter einem Felsen ein Picknicktische steht…

…. im Schatten! Sehr cool 😎! Frühstück gerettet!




Wenn das nicht mal ein feines Frühstück ist an einem wirklich feinen Picknickplatz ist… und so exklusiv! Das ist der Vorteil, wenn man in der absoluten Hitzesaison in so einem Park unterwegs ist… dann ist man so gut wie allein!

… ganz alleine sind wir dann doch nicht. Dieser kleine Hase (…oder ist es ein Kaninchen?) hat uns die ganze Zeit Gesellschaft geleistet. Wahrscheinlich wohnt er in dem Busch bei den Steinen. Auf jeden Fall war er total furchtlos und neugierig, ja fast schon zutraulich.



Irgendwann ist dann aber auch das schönste Frühstück im Freien zu Ende und die Sonne brennt uns inzwischen unerbittlich auf den Pelz.



Der Rest des Tages war dementsprechend unspektakulär: Auf dem Rückweg nach Twentynine Palms sind wir dann noch im Visitor Center vorbeigefahren und später am Tag haben wir uns vom Hotel zum Mexikanischen Restaurant um die Ecke geschleppt. Richtig gesagt, wir haben uns zum Auto geschleppt und dann vom Auto die 30 Meter zum Restaurant.

Das alles bei 47 °C 🥵! Da wird selbst die Autofahrt im klimatisierten Wagen zur Tortur… welcher Depp hat eigentlich schwarze Ledersitze und schwarze Lenkräder bei Mietwagen erfunden? Wie dämlich, bei diesen Temperaturen! da verbrennst du die Finger, den Hintern, einfach alles… auf den Sitzen im Auto kannst du ein Spiegelei braten, so heiß sind die….




Beim Mexikaner waren wir positiv überrascht. Nach unseren bisherigen eher seltsamen Erfahrungen mit mexikanischem Essen in Forks und auch in Guerneville, wo das mexikanische Essen doch sehr einseitig war: Fleisch, Weizen, Käse… gibt es hier erstaunlich viele vegetarische und sogar vegane Varianten mit… Gemüse 💪🏻! Nur André hat mit seinem Essen Pech… das einzige Gericht mit Fleisch entpuppt sich, als es auf den Tisch kommt als Fleischpampe mit Bohnen und Reis…irgendwie alles sehr breiartig 🙈🤪. Geschmeckt hat aber alles.

Den Rest des Tages machen wir das, was man am liebsten macht, wenn es viel zu heiß ist: NIX.
Ach doch, wir planen die morgige Weiterreise… das wird harter Tobak: 4 1/2 Stunden reine Fahrt bei 47° Grad… und wir waren auf dem Weg hierher schon nach einer Stunde gar…



