Ein unerwarteter Ausflug ins Love Hotel nach Tijuana

Eigentlich fängt der Tag ganz harmlos an, 

aber manchmal entwickeln sich die Dinge komplett anders als erwartet.

Wir hätten nie gedacht, dass wir noch diesen Abend wieder in Tijuana landen… 

Aber erstmal zum Anfang: Nachdem wir gestern relativ früh ins Bett sind (wird irgendwie zur Gewohnheit hier, aber wir sind ja auch immer früh wach), wollen wir erstmal ganz entspannt an der Strandpromenade frühstücken. 

Zu dieser Uhrzeit sind die Temperaturen noch total angenehm und am Wasser herrscht eine friedliche Stille. 

Jogger laufen die Strandpromenade entlang, eine Horde mexikanischer Jugendlicher radelt an uns vorbei (wahrscheinlich ein Schulausflug), ein Mädel macht Yoga am Strand und einige Leute gehen mit ihren Hunden Gassi. 

Alles ganz gechillt… 

Wir sitzen im Café und beobachten das Treiben bei Fruchtsalat und Avocado-Omelette.

Anschließend suchen wir den nächstbesten Touranbieter für Walhaischnorcheln auf um eine Tour für morgen früh zu buchen. Heute morgen sind wir ja leider gleich mit dem Papierkram im Hafen beschäftigt… 

Erste Enttäuschung: Die Saison für die Walhaie hat noch nicht begonnen. Normalerweise sind die schon ab September massenweise in der Bucht. Durch den Klimawandel sind sie aber in diesem Jahr deutlich später dran. 

Ein paar sind zwar schon in der Bucht … um die Tiere aber zu schützen werden die Touren erst erlaubt, wenn genügend Tiere in der Bucht sind. 

Also keine Walhaitour! Schade, darauf hatten wir uns echt gefreut! 

Wie sich gleich herausstellen wird, war es gut, dass wir keine Tour buchen konnten! 

Wir machen uns zum zweiten Mal auf den Weg zum Fährhafen, um unser TIP (Temporary Import Permission) für das Beast zu bekommen. Rechtzeitig am Vormittag, wir wollen nicht wieder vor verschlossener Tür stehen. 

Eigentlich ist die Strecke nicht weit, aber weil es einmal durch die Stadt und an der Strandpromenade langgeht, ist es supernervig. Ständig muss man anhalten, wegen der Stoppschilder oder der nervige Bodenwelle und Huckel, die sie hier überall zur Geschwindigkeitsbegrenzung eingebaut haben. 

Mit der BMW ist das echt kein Vergnügen! 🙄

Als wir ankommen sieht alles wieder verdächtig verrammelt aus, aber beim Näherkommen sehen wir eine einsame Beamtin hinter dem Schiebefenster. 

Ok, los geht’s! 

Das Schiebenster öffnet sich und wir werden nach unseren Papieren gefragt. Bereitwillig gebe ich dem Mädel die Fahrzeugpapiere und Pässe. Sie blättert alles durch, fragt nach unserer Kreditkarte… na läuft doch! 

Und dann stutzt sie und stellt fest, dass wir keinen Stempel im Pass haben. 

Ich erkläre, dass wir die Einreiseformalitäten online beantragt und bezahlt haben und gebe ihr die kopierte Bestätigung unsere Zahlung sowie unsere Touristenkartennummer (das FMM, welches man laut Internet seid diesem Jahr online beantragen soll) die wir online erhalten hatten. Sie sagt, sie braucht die Stempel oder die ausgedruckten Touristenkarten. Wir haben weder das eine noch das andere. Ausgedruckt hatten wir die Quittung, dass wir die Touristenkarte bezahlt und im Internet ausgefüllt haben. 

Ich checke die Mails von der mexikanischen Einwanderungsbehörde und zeige ihr die Mail, in der steht, dass wir das FMM online erhalten und bezahlt haben. Der link in der Mail, mit dem man das dazugehörige pdf herunterladen kann, ist inzwischen abgelaufen… wo gibt’s denn bitte so etwas? Ich mache etwas online und dann kann ich auf die Daten nicht mehr zugreifen? Naja, aber im System muss das ganze ja hinterlegt sein, so steht es zumindest in der Mail. 

Inzwischen bekommt die gute Frau unsere Panik mit und klemmt sich ans Telefon… wir warten… 

Irgendwann geht die Schiebetür auf, sie könnte das nicht machen, aber in La Paz in der Einwanderungsbehörde könnte uns geholfen werden. Wir sollten da hinfahren und dann mit dem ausgedruckten Papier wiederkommen. 

Ok, wo ist das? Sie tippt uns die Adresse ein. 

Als wir uns schon wieder in unsere Motorradklamotten reingepellt haben, geht die Türe wieder auf: 

Wann genau geht unsere Fähre? Morgen schon? Sie hat noch eine Idee, wir sollen einen Moment warten! Die Tür geht wieder zu. 

Gerne! Hoffnung macht sich breit, dass es nun doch klappt. 

Drinnen hängt die gute Frau am Telefon.

Tür wieder auf. Ob wir einen Computer hätten. 

Äh, nö … nur das tablet. Ja, das müsste gehen. Wir geben ihr das Teil und sie tippt geschäftig darauf herum und ruft die Seite der Einwanderungsbehörde auf. Liest… tippt wieder…gibt meine Daten ein… sie scheint tatsächlich nen Plan zu haben… 

Aber nein, sie kommt da nicht weiter. Es täte ihr leid, das wäre eigentlich nicht ihr Job, sie wollte nur helfen.

Sie sieht uns mitleidig an, wir müssten wirklich zur Einwanderungsbehörde nach La Paz fahren. 

Na gut, rauf aufs Motorrad und den Weg wieder zurück, zum zweiten Mal. 

Wieder über die scheiß Huckel… stop and go quer durch die Stadt. 

Bei der Einreisebehörde angekommen fragen wir uns durch und stehen schließlich vor zwei sehr grenzbeamtlich aussehen Typen und erklären das Problem. 

Der eine schüttelt den Kopf. Nein, das können sie hier nicht machen. Sie haben hier die Stempel nicht. Die gibt’s nur an der Grenze. 

Wie jetzt? Wofür dann das ganze online- Getue? Wir haben doch unsere FMM-Nummer … da müssten sie doch sehen, dass wir registriert sind! 

Ja, aber das können nur die Leute an der Grenze.

Die sehen das in ihrem System und stempeln dann den Pass. Das hätten die Beamten an der Grenze machen müssen. 

Toll, haben sie aber nicht! Was jetzt? 

Der andere Typ meint, wir haben eigentlich nur zwei Möglichkeiten: 

Nummer eins, zur Grenze zurückfahren und stempeln lassen…

Niemals fahren wir die ganze Strecke (das sind über 1500km) durch die Wüste zurück! 

Nummer zwei, ins Flugzeug setzen, nach Tijuana fliegen und dort  den Stempel holen. Da der Flughafen Tijuana ein Grenzflughafen ist, können die das da auch. Wir müssen einfach nur einmal kurz raus und um das Häuschen gehen und dann da erklären, was das Problem ist. Stempeln, Zack wieder zurück, das kann man theoretisch an einem Tag schaffen. 

Na toll! Unsere Fähre geht morgen Abend! 

Der Beamte zuckt mit den Schultern… da müssten wir anrufen und die verschieben. 

Wie zwei begossene Pudel trotten wir aus dem Gebäude. Mir ist schlecht. So ein Scheiß! Hätte ich an der Grenze doch bloß auf dem scheiß Stempel bestanden. Wir sind echt zu blöd, voll in die Falle getappt! 

Zurück im Apartment wird erstmal die Lage sondiert: Eins ist klar, wir werden definitiv nicht noch mal die ganze Strecke zurückfahren, zu lang, zu wüstig und würde unsere Reise komplett umschmeißen.

Wir checken die Flüge. Es gibt morgen eine Möglichkeit hin und zurück, da wären wir um 17h wieder zurück in La Paz… die Fähre geht um 19h. Das ist sportlich, könnte man aber schaffen. 

Anruf bei dem Fährunternehmen. Nein, das klappt so nicht. Wir müssen schon spätestens drei Stunden vor Abfahrt am Hafen sein, auch als Motorrad. Wir können die Fahrt ändern, das hieße Umtauschgebühren bei der Fähre, nicht so teuer, ca. 30€, aber unser Hotel in Mazatlan müssten wir stornieren, das wäre teurer. Bis gestern wäre es noch umsonst gewesen. Toll 🙄! 

Also weiterrecherchiert. Es gibt auch noch einen Flug heute Nachmittag, aber der Rückflug wäre dann erst morgen früh um 6h. Dann wären wir über Nacht in Tijuana. Na prickelnd! Genau das soll man ja nicht machen. Nachts im Grenzbereich rumturnen… was kostet denn eine Übernachtung in der Nähe des Flughafens. Gar nicht mal so teuer! Es gibt einige günstige Hotels um die 50€ bei booking.

Eins sieht echt ganz cool aus, teilweise mit Whirlpool auf dem Zimmer, na das brauchen wir jetzt nicht unbedingt, aber schön große Zimmer, modern eingerichtet und nur 50€, ca. 10 Minuten vom Flughafen entfernt.

Ok, also Flug gebucht, Hotel gebucht, kleines Handgepäck gepackt und ab zum Flughafen. 

Nach einigem hin und her entscheiden wir uns, mit dem Taxi zum Flughafen zu fahren, weniger Stress mit der Parkerei und die BMW steht hier am Apartment recht sicher. 

Wir bestellen ein Uber (das klappt super) und machen uns auf den Weg. 

Am Flughafen klappt alles wie am Schnürchen. Das Flugzeug ist auf die Minute pünktlich und wir steigen in die Luft.

Dem Sonnenuntergang entgegen Richtung Tijuana an der U.S.Grenze.

Nach etwas weniger als zwei Stunden glitzern die Lichter von Tijuana unter uns. Was für eine riesige Stadt. Mir ist ganz flau im Magen…

Dort angekommen wenden wir uns an die erstbeste Grenzbeamtin die Ankunft unserer Pässe kontrolliert.

Sie versteht nicht so recht was wir wollen. Ihr Chef kommt dazu und quatscht uns auf deutsch an. Das ist aber das einzige freundliche an dem. Ansonsten ist er sehr kurz angebunden:

Sie haben hier keine Stempel, das ist draußen. 

Wir trollen uns also Richtung Ausgang und stehen etwas lost in der Ankunftshalle bei den Gepäckbändern. Links geht es raus nach Mexiko geradeaus zum CBX, das ist der Fußweg über eine Brücke in die USA, ein vereinfachter Grenzübergang. Müssen wir dahin? 

Wir fragen einen Beamten dort. Nein CBX ist nur wenn wir in die USA wollen. Er schickt uns wieder zurück zu der Beamtin von vorhin. 

Wieder zum Gate zurück. Ein andere Beamtin hört uns zu. Sie erklärt schließlich, dass draußen ein Schalter der Einwanderungsbehörde ist.

Wieder der unfreundliche Typ, der uns weismachen will, wir müssten erst wieder ausreisen.

Es ist verrückt. Nach einigem hin und her und wirklich meist sehr freundlichen und geduldigen Mexikanern, die uns wirklich helfen wollen, stehen wir vor einem kleinen Häuschen in der Flughafenhalle: der Schalter der mexikanischen Einwanderungsbehörde und tragen unsere Geschichte vor.

Und jetzt kommts: Auch die Dame dort kann anhand unserer online beantragten und bestätigten FMM Nummer unsere Daten ohne die bekloppte ausgedruckte Karte nicht finden…

WTF! Was soll denn dann der ganze online Scheiß?!

Das Ende vom Lied: Wir füllen eine neue Touristenkarte aus (nicht online sondern schön Retro mit Papier und Kugelschreiber 🖊️), bezahlen das ganze ein zweites Mal, bekommen den Stempel in den Pass und fertig! … und das ganze dauert ungefähr 5 Minuten, beim Onlinebeantragen haben wir ungefähr ne Stunde gebraucht, mit der ganzen Accounterstellung usw. 🙄

Egal, wir haben unseren Stempel und sind endlich legal eingereist…

Jetzt müssen wir uns nur morgen früh am Hafen noch das TIP holen, das geht hier am Flughafen nämlich nicht, dafür müsste man tatsächlich direkt an die Grenze… und darauf haben wir im Dunklen in Tijuana nun wirklich keinen Bock!

Wir sehen also zu, dass wir möglichst schnell und heile am gebuchten Motel ankommen.

Als wir mit dem Uber bei dem Motel vorfahren kommt die nächste unerwartete Überraschung.

Vor uns ein riesiges Eingangstor, weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Wir gehen hindurch und erschrecken, als plötzlich eine weibliche Stimme aus dem Nichts nach unserer ID fragt.

Wo kommt die Stimme her?

Hinter blickdichtem Panzerglas sitzt jemand und fordert uns auf, unseren Pass und Kreditkarte in eine Schublade zu legen, die plötzlich aufgeht…

Jap, soweit kommt‘s noch, dass wir da jetzt alles rein tun! Never ever!

Während wir uns noch leicht ratlos anschauen, steht plötzlich ein Schrank von Mexikaner vor uns und fragt nach unserer Reservierung.

Wir erklären, dass wir über booking ein Zimmer gebucht haben und zeigen ihm die Bestätigung.

Zum Glück spricht der Typ Englisch. Mit einer Stimme ohne Gesicht in gebrochenem Spanisch zu verhandeln ist schier unmöglich.

Die Stimme hinter der dunklen Scheibe findet unsere Reservierung und wir bekommen die Zimmernummer genannt.

Der Typ merkt, dass wir mit der ganzen Situation ein wenig überfordert sind und zeigt uns das Zimmer…

Durch ein Garagentor 🙈 geht es eine Treppe hoch und über der Garage ist tatsächlich ein Zummer.

Wir sind tatsächlich in einem Love Hotel gelandet!

Aber gar nicht schmuddelig oder so: richtig modern eingerichtet, alles vom feinsten., mit viel Platz und picobello sauber.

Wir haben Hunger. Der Typ sagt, kein Problem, oben liegt ne Karte, wir können einfach was aussuchen und er bringt es dann. Machen wir, eine Menükarte mit allem was das Herz begehrt… Wir bestellen zwei Burger mit Pommes, Bier und Wasser…

Wenn das Essen da ist bringt er es. Ne nicht zur Tür, er zeigt auf eine kleine Schiebetür neben der Zimmertür, da durch 🙈.

Als der Typ weg ist, schauen wir uns an und lachen uns schlapp, da sind wir ja mal gespannt… 🤣

Kurze Zeit später steht er tatsächlich mit dem Essen auf einem Tablett vor der Tür. Das Bier schön gekühlt in einem Küben auf Eis. Knappe 30€ kostet der Spaß, das geht voll klar, dafür dass man es fast bis ans Bett getragen bekommt.

Das kannst du hier die ganze Nacht durch machen, 24 h Service… und unten die fette Garage, nur schade, dass wir kein Motorrad mithaben um es dort reinzustellen 😉.

Ich würde sagen das sauberste Hotel, mit dem coolsten Service, das wir auf unserer bisherigen Reise hatten…

… und dann zu dem Preis! Mega! Müssen wir uns merken, hier kann man sicher und bequem schlafen. Nur das Drumherum ist schon sehr schräg!

So witzig! 🙈🤣 Allein dafür hat sich das ganze Theater mit den fehlenden Stempeln schon gelohnt!

Am nächsten Morgen um 4:30h geht es auf dem gleichen Weg wieder zurück nach La Paz.

… und um 9h sind wir schon wieder in unserem Apartment als wäre nix gewesen.

Schnell was frühstücken, packen, um 11h checken wir aus und machen uns zum dritten Mal auf den Weg zum Fährhafen um unsere Papiere für die BMW zu bekommen.

Diesmal klappt alles reibungslos, wir geben unsere Papiere ab, hinterlegen die Kaution über Kreditkarte.

Hier ne Unterschrift, da ne Unterschrift und dann bekommen wir unser TIP für das Motorrad ausgehändigt! Yes 💪🏻😃!

Was machen nun mit der ganzen verbleibenden Zeit am Hafen? Nochmal irgendwo hinfahren an den Strand und dort die Zeit totschlagen?

Kathrin und Reinhard melden sich über Messenger, ob man sich nicht noch einmal sehen könnte. Supergern! Die beiden sitzen mit anderen Freunden in der Stadt… ein Blick auf GoogleMaps… ne, das ist uns jetzt in der Hitze zu weit, nochmal durch die ganze Stadt über die blöden Huckel, wir sind echt zu platt nach der ganzen Aktion.

Kathrin meldet sich nochmals. Seid ihr noch am Hafen dann kommen wir kurz vorbei!

Wir freuen uns Mega! Zusammen gehen wir die paar Meter zum kleinen Strand am Hafen und sitzen wir noch die Zeit bis zum einchecken in die Fähre in einem Fischrestaurant und erzählen und tauschen Erfahrungen aus…

So schön, die beiden noch mal gesehen zu haben!

Es geht zurück zu den Mopeds, wir müssen auf die Fähre… Abschied nehmen ist angesagt …

Und jetzt kommt‘s: Am Hafen angekommen, stehen neben unseren Mopeds zwei Harleys samt Gruppe aus Harleyfahren. Als wir nah genug sind kommen die beiden Typen grölend auf uns zu, Kanadier auf dem Weg zu einem Motorradtreffen auf dem Festland:

Wir würden es nicht glauben, die dürften nicht aufs Schiff, weil sie keinen Stempel im Pass haben und die Lady am Schalter gesagt hat, sie müssten zurück zur Grenze, um ihn dort zu holen. Dabei hätten sie alles online erledigt und bezahlt.

Doch glauben wir … und ich bin ein ganz bisschen getröstet, dass wir nicht die einzigen Idioten sind, die auf die Onlinefalle reingefallen sind!

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