Ich könnte kotzen… wir stehen an der Grenze zu Guatemala und es ist hier alles total gechillt… zu gechillt.
Als wir vorfahren um auf der mexikanischen Seite die Grenzformalitäten zu erledigen, kommt einer vom Militär auf uns zu und erklärt uns, dass das Büro für Imigration und Zoll heute geschlossen ist.., wegen des Feiertags. Wir müssen morgen wiederkommen, um 9h macht das Büro auf.
Ich kriege die Krise, wo sollen wir denn jetzt bis morgen hin? Hier ein Zelt aufschlagen oder was… wenn wir mal eins hätten!
Der Armymensch sagt uns, wir könnten ja schon nach Guatemala einreisen, dort in El Ceibo ein Hotel nehmen und dann morgen wiederkommen.
Nicht sein Ernst! Leider doch!
Es gibt keine Alternative, wir haben es mal wieder geschafft und so richtig in die Kacke gepackt! Wir wollten heute Abend schon in Tikal sein, morgen die Sunrise Tour machen und den Tag drauf weiter Richtung Berge. Jetzt müssen wir alles umbuchen, bzw. neu buchen, denn stornieren geht in Tikal so kurzfristig nicht mehr, auf den Kosten bleiben wir also hängen… und dann find hier ab der Grenze mal ein Hotel (ein einigermaßen annehmbares) 💩 💩💩!
Was mich daran am meisten ärgert ist, dass wir sogar im Vorfeld schon daran gedacht hatten, dass so etwas vielleicht sein könnte und deshalb wie die Blöden versucht hatten, irgendwelche Informationen zu bekommen. Im Netz stand nichts, nada!
Aber erstmal überhaupt nach Guatemala reinkommen.
Nach diversem Nachhaken, ob das auch wirklich geht, klettern wir auf die BMW und fahren über die Grenze nach Guatemala. Dort stellen wir das Motorrad ab und gehen in das Immigration Office, eine kleine Bude direkt hinter der Grenze.
Drinnen sind zwei Typen… total tiefenentspannt. Als wir denen unser Problem erklären (die können tatsächlich beide Englisch) schütteln sie nur die Köpfe und verstehen die Welt nicht mehr, so etwas würde es in Guatemala nicht geben! (Na, das muss man aber auch glauben…) Der Typ von der Einwanderung erklärt, ihm wäre das egal, ob wir das mit dem Motorrad nicht machen können. Für die muss das nicht offiziell ausgereist sein. Für ihn … und seinen Kumpel daneben (das ist nämlich der vom Zoll, der uns später unser TIP für Guatemala ausstellt) ist nur wichtig, dass wir vernünftig einreisen…
Ok, wir geben ihm unsere Pässe, da kommt schon gleich das erste ABER. Da sind ja noch gar keine Austreisestempel drin… Ja, da war ja keiner drüben bei den Mexikanern! Doch, einer zum Ausstempeln muss da auf jeden Fall sein. Das sind zwei unterschiedliche Büros… Also lassen wir unseren ganzen Krempel bei den Beiden liegen (nachdem sie betont haben, dass man das natürlich machen kann (This ist Guatemala! It’s safe! It‘s not Mexico!) und gehen zu Fuß wieder zurück … nach Mexico.
Dort geht es dann relativ schnell, relativ weil der einzige Beamte, der da heute tatsächlich arbeitet, gerade nicht da ist. Die dafür sehr viel vertretenden und absolut netten Polizeibeamten die dort sind, erklären uns, dass wir warten müssen, der Immigrationsdirektor käme gleich. Wedeln mit den Händen in irgendeine Richtung, wo er wohl ist… wahrscheinlich macht der ein zweites Frühstück oder was auch immer.
Irgendwann kommt er total tiefenentspannt angetrabt und weil wir vorher sämtliche Polizeibeamte wuschig gemacht haben, müssen wir eigentlich gar nichts mehr machen als unsere Pässe vorzulegen, das Theater mit dem Motorrad erklären die ihm schon…
Alles kein Problem. Wir können morgen für den Papierkram wiederkommen und … Zack! Ausreisestenpel in den Pass und buen viaje!

Wir treten den Weg zurück nach Guatemala an… diesmal zu Fuß.
Der Rest auf der guatemaltekischen Seite ist langwierig aber easy.
- Im Immigrationoffice gibt’s den Einreisestempel und irgendeinen Wisch, den ich gut wegstecke (wahrscheinlich sowas ähnliches, wie die Einreisekarte in Mexico, die wir bei der Ausreise wieder abgegeben haben … sehen wir dann).
- Anschließend geht es eine Station weiter. In einer Art Container sitzt der Typ, der eben noch bei dem ImmigationTyp saß und wartet schon auf uns. Ich gebe ihm die Papiere für die BMW (Title und Zulassungsnachweis) und meinen Reisepass. Er begutachtet die BMW (jetzt wissen wir auch wieder wo die Fahrgestellnummer ist) und gleicht Fahrgestellnummer und Kennzeichen ab. Dann verschwindet er wieder in seinem Kabuff, wurschtelt eine Zeit lang irgendetwas am Computer und übergibt uns schließlich ein Papier auf dem steht, was wir bezahlen müssen 160 Q, mit dem Hinweis, dass wir das hier vorne bei seinem Kumpel von der Desinfektionsbude machen können oder aber im Dorf bei der „Bank“. Außerdem braucht er noch Kopien vom Führerschein, allen Fahrzeugpapieren und dem gestempelten Ausweis.
- Soweit so gut, wir versuchen es erst bei seinem Kumpel. Der will für den gesamten Service 750 Pesos haben, umgerechnet ca. 37$. So viele Pesos haben wir nicht mehr, Kreditkarte geht eh nicht und Quetzales haben wir auch noch nicht… also gehen wir ins Dorf. Es sind nur ein paar Meter, auf dem Weg zu der „Bank“ reihen sich rechts und links windige Geschäfte, Copyshops, Tekefonkartenverkäufer und Wechselbuden. Alle fragen nach Cambio… nein hier wollen wir erstmal kein Geld wechseln. Die „Bank“ entpuppt sich als ebensolcher „Ich verkaufe euch alles – Laden“, nur dass der noch so ne Erlaubnis hat, das Geld für das Visa anzunehmen. Er will dafür nicht 160Q sondern 175 Q haben… Servicegebühr… ja klar! Kreditkarte geht hier auch nicht… Bargeld lacht! Wir haben nur Dollar… er will 25$ haben. Kopien machen kann er nicht, da müssen wir also wieder zu einem der Läden vorne. Da wir kein guatemaltekisches Bargeld haben, frage ich nach dem Taschkurs bei ihm…. Wir bekommen für 50$ 350 Quetzales (schlechter Kurs, aber das war zu erwarten… ) was soll‘s haben wir auch nicht mit gerechnet, dass wir schon hier an der Grenze tauschen müssen. Wenn alles glatt gelaufen wäre, hätten wir hier nur das Visum und die Kopien bezahlt und wären zur nächsten Stadt zum Gekdautomaten gefahren… die ist aber laut Google mindestens 45 Minuten weit weg.
- Nächster Step: Kopien… in den ersten Laden direkt hinter dem Grenztor kann man das erledigen lassen. Der Typ ist nett, nimmt für die Kopien 42 Pesos und telefoniert für uns auch freundlicherweise mit einem Hotel in einem Ort ca. 30 Km von der Grenze entfernt (da Andrè noch keine neue SimKarte ha, können wir nicht telefonieren, ich hab lediglich ne eSim, damit hab ich nur Internet, kein Telefon). Das Hotel hat ein Zimmer für uns, nimmt aber auch nur Bargeld. Der Typ zeigt uns netterweise noch bei GoogleMaps wo in dem Ort ein Geldautomat ist, den hätten wir so nicht gefunden, da Google ihn nicht anzeigt. Wir ziehen dankbar mit unseren Kopien ab.
- Wieder zurück zu unserem Typ vom Zoll. Ich gebe die Kopien ab… Überraschung! Die Kopie vom Pass ist falsch, der hat vergessen die Seite mit dem Stempel zu fotokopieren. Ich seh uns schon wieder zu dem Copyshop rennen, da fragt er mich nach meinem Pass und macht die Kopie grad selbst… 😅
… und dann bekommen wir endlich unser langersehntes TIP für die BMW…
ein kopierter Wisch und eine Plakette, die ich schön gut wegpacke. Wir schwingen uns aufs Motorrad und fahren endlich über die Grenze und raus aus dem Ort in Richtung Hotel, bzw. Geldautomat.
Als wir nach ca. 45 Minuten den Ort El Naranjo erreichen und von der Hauptstraße Richtung Hotel abbiegen, stecken wir plötzlich mehr oder weniger in Schlamm und Geröll fest.

Die Straße ist durch den Dauerregen die letzten Tage, in dieser Region hatte Sara ordentlich gewütet, nicht mehr als Straße erkennbar.
Na toll! Das auch noch! Ich steige ab, André versucht es alleine. Nach einigen Metern wird es noch schlimmer und wir entscheiden, dass dieser Weg mit der schwer beladenen BNW nicht geht, es ist schon fast unmöglich zu wenden. Ich laufe ein Stück vor, da ist eine Einfahrt aus grasigem Untergrund… Unter dem staunenden Blick der gesamten Familie des Einfahrtbesitzers wendet André das Beast und kämpft sich auf der desaströsen Straße zurück. Ich laufe mit Helm hinterher. Der Schweiß läuft einem inzwischen den Rücken runter, es ist megaheiß und wir sind einfach nur kaputt.
Wir fahren eine Straße vorher ab und versuchen diesen Umweg. Auch nicht wirklich besser. Hier ist keine Straße befestigt und Straße ist wirklich zu viel gesagt. Das sind keine Schotterwege sondern eher Klettersteige, mit riesigen Steinen, Kuhlen und Matsch. Alle paar Meter muss ich absteigen, damit wir mit der schweren Beladung nicht umfallen.
Nach einigem Abbiegen erreichen wir schließlich das Hotel. Auf den ersten Blick ganz cool, für diese Gegend geradezu wie eine Fatamorgana, groß, viele Zimmer, Parkplatz und eine Poollandschaft wie aus ner Costa Brava Werbung der frühen 80er.


Auf den zweiten Blick aber deutlich in die Jahre gekommen und nicht wirklich gepflegt. Das Personal extrem arbeitsunwillig und es gibt nix, kein Bier, kein Restaurant, kein Frühstück… sehr 💩, wir wollten unseren Frust eigentlich in Bier ertränken und dabei gepflegt in den Pool hüpfen…
Naja, die Zimmer sind sauber, wenn auch gewöhnungsbedürftig (auch hier wieder ne Toilette ohne Klodeckel … hoffentlich wird das nicht zur Dauereinrichtung. Wir wollen unbedingt eins unten haben (die oben sind aufgrund des Regens leicht undicht…) da hat’s aber nur Dreibettzimmer mit drei Doppelbetten 🙈.
Egal, nehmen wir. Da es keinen Schrank gibt, können wir die übrigen Betten als Ablage missbrauchen.
Zu allem Überfluss haue ich mir noch den dicken Zeh an einem Stück Rost auf, dass da komplett überflüssig im Poolbereich lag!
Von wegen Pool, in dem haben sich inzwischen ein paar halbstarke Jugendliche breitgemacht und spritzen und brüllen… und mein Zeh blutet wie Sau. Ist nen schönes Stück Haut ab, aber zum Glück nichts drin… erstmal schön Jod drauf, verbinden und hoffen, dass es sich nicht entzündet. Ein Indianer …
Wir sind so platt, dass wir es grad noch schaffen zu duschen und uns dann auf‘s Bett schleppen: Herr der Ringe gucken mit Bananen, Nüssen und Möhren…

Gegen Fünf rappeln wir uns auf. Wir müssen unbedingt noch etwas essen und gleich wird es dunkel.
Gleich um die Ecke soll ein Restaurant sein, schaun wir mal…
Wir balancieren über die gruselige Schotterstraße. Die scheinen nach unserer Anreise irgendetwas mit der Straße gemacht zu haben, so ist jetzt deutlich besser. Immer noch ne Zumutung, aber die fetten Felsbrocken sind nicht mehr da und der Schlamm ist verteilt und inzwischen einigermaßen trocken. Dann können wir da morgen wenigstens drüber fahren.
Das Restaurant ist im Grunde das Wohnzimmer von einer Familie. Sieht eigentlich ganz gemütlich aus und die Frau, die uns hereinwinkt ist auch sehr freundlich. Ich frage, ob man hier etwas zu essen bekommt, sie bejaht. Auf die Frage, ob sie auch kaltes Bier hat, schüttelt sie den Kopf. Nee, dann wird das nix, ohne kaltes Bier kommen wir heute nicht klar…
Wir stapfen weiter und werden von zwei jungen Typen angequatscht, die wissen wollen, wie groß André ist. Die kommen über Andrés 1.95m nicht weg, weil sie für guatemaltekische Verhältnisse selbst recht groß sind, 1,70 und 1,85. 1,85 m große Typ erzählt, dass er aus Nicaragua kommt, er spricht ein bisschen Englisch. Da erzählen wir, dass wir da auch noch durchfahren. Mit einem Mischmasch aus Spanisch, Englisch und Zeichensprache schaffen wir mit den beiden sogar eine kleine Unterhaltung. Das erste Highlight des Tages.
Das zweite Highlight ist anschließend das Essen bei „Le Chef“. Inzwischen ist es schon dunkel und wir kommen an der Hauptstraße an. Wir machen mal wieder genau das, was man nicht machen soll, spazieren im Dunkeln ahnungslos an der voll befahrenen Hauptstraße ohne Bürgersteig herum. Fehlt nur noch, dass wir angefahren werden, die sehen uns hier ja gar nicht. Zuerst rennen wir in die falsche Richtung, eigentlich sollte da laut Google eine Pizzeria sein, aber die ist nicht mehr da und stattdessen sind da nur so Fast Food Hähnchen Verkäufer, die ziemlich schmierig aussehen. Da haben wir nun gar keine Lust drauf. Also geht’s in die andere Richtung, da soll angeblich „Le Chef“ sein.
Tatsächlich, nach einigen Metern Hindernisslauf an der Straße ist da wie eine Fatamorgana dieses kleine Restaurant. Der Eigentümer total nett. Auf der Karte finden wir Caneron empenadas und Pommes, das ist gut, die sind schön frittiert, da kann man nicht viel falsch machen. Als wir bestellen kommen wir aus dem Staunen nicht mehr raus, der Typ bietet uns zu den Garnelen gedünsteten Gemüse an… und es schmeckt hervorragend!

So gut haben wir schon lange nicht mehr gegessen… und Bier hat er auch.

Zum Abschluss gönnen wir uns noch Crêpe und Früchte, auch das ist von einer super Qualität, wer hätte das gedacht…
Das Essen hat uns echt den Tag gerettet!
Für den Rückweg lassen wir uns lieber ein Tuck Tuck rufen.

Ein wenig versöhnt hüpfen wir danach noch in den Pool und fallen dann totmüde ins Bett.
Am nächsten Tag machen wir uns pünktlich auf den Weg zur Grenze (ohne Kaffee, den gibt’s nämlich auch nicht… obwohl, stimmt nicht sie haben Nescafé da, aber kein heißes Wasser 🙄).

Als wir ankommen, ist da schon ein kleiner Stau… alle warten darauf, dass die Grenze geöffnet wird.


Wir fahren los und werden gleich auf der guatemaltekischen Seite angehalten. Ein Typ beim Zoll will unseren TIP Aufkleber zurück, weil sie denken wir reisen aus. 🙄, wo ist den der Typ von gestern, wenn man ihn braucht? Als ich anfange, dem Typ irgendwie klarzumachen, dass wir gar nicht ausreisen möchten, erscheint der Typ und klärt alles auf und wir dürfen weiterfahren.


Es geht durch so‘n komisches Tor, da kriegt André ne Ladung Desinfektionsmittel übers Gesicht gespritzt… was für ein Scheiß!
Dann sind wir wieder auf der mexikanischen Seite, stellen unser Motorrad ab und gehen zum Banjercito-Office. Da ist erstmal keiner… wir warten. Warum ist da keiner? Noch nicht da, oder was? Oder am frühstücken? Irgendwann kommt eine Dame, einen Mexikaner im Schlepptau… die hat wohl doch eher ihre Arbeit gemacht als zu frühstücken! Also weiter warten…
Während wir warten, kommt ein Pärchen aus Quebeck dazu. Die beiden sind auch schon seit einem Tag an der Grenze… mit ihrem umgebauten Schulbus. Sie wollen auch weiter und sind auf dem Weg nach Panama, haben in Ksnada alles aufgegeben und sind mit ihren beiden Katzen unterwegs. Die beiden haben richtig Theater. Der Typ an der guatemaltekischen Grenze, der zu uns so nett war, lässt die beiden nicht rein, weil ihnen am Bus der Stempel mit der Fahrgestellnummer fehlt. Hoffentlich bekommen die das noch geregelt! Dagegen ist unser Problem ja ein Klacks!
Bei uns geht dann alles ganz schnell, die Dame prüft das TIP, wir gehen raus zum Motorrad und sie macht noch diverse Fotos und dann übergibt sie uns die Quittung, den Nachweis, dass wir offiziell mit dem Motorrad ausgereist sind und die Kaution zurück erstattet bekommen.
Endlich! Wir klettern auf die BMW und fahren zum zweiten Mal über die Grenze nach Guatemala …



Dort werden wir dann noch einmal angehalten… unser Motorrad muss noch desinfiziert werden 🙄.

Na, sagen wir lieber nicht, dass wir gestern schon einmal ohne diese Prozedur eingereist sind und damit ganz Guatemala verseucht haben 🙈. André muss für diesen Prozess noch 50 Pesos abdrücken und ich bewache den Sprühvorgang…

Dann schwingen wir uns ein letztes Mal aufs Motorrad und fahren los…

Auf nach Guatemala… zweiter Anlauf!

