Einmal quer durch Guatemala in die Berge… ein langer Weg mit Überraschungen

Vor uns liegen 325 km … hört sich eigentlich relativ harmlos an, wir sind schon mehr Kilometer an einem Stück gefahren… aber warum zum 👿 zeigt GoogleMaps eine Fahrzeit von 6 1/2 Stunden an??? Das lässt nix gutes Hoffen. Fakt ist, die Strecke hat es in sich. Diverse Recherchen im Internet ergeben, dass da sehr schlechte Straßenabschnitte dabei sind, eine Fährfahrt … und ne Alternativroute gibts nicht, bzw. die dauert noch länger.

Wir überlegen, ob wir doch noch einen Zwischenstopp einlegen, finden aber nichts in einem vernünftigen Abstand…

Zu allem Überfluss ist die Wettervorhersage auch nicht so berauschend, wenn wir Glück haben fahren wir immer so zwischen den Regenfronten durch.

Also, Arschbacken zusammenkneifen und durch…

… raus aus dem Dschungel, ab nach El Remate.

Wir erreichen El Remate etwa ein Dreiviertel Stunde später. Der Ort war uns schon auf dem Hinweg aufgefallen. Ein süßer chilliger Ort direkt am See. Hier wollen wir einen Frühstücksstopp einlegen.

Das DOÑA MARI ist ein super uriges Restaurant am See. Total schön!

Wir sitzen über dem Wasser mit Blick auf den See (der nach dem vielen Regen ganz schön voll ist…) und genießen Frühstück und Aussicht.

Die Sonne kommt sogar ein bisschen raus.

… diese Pause hat mal wieder etwas länger gedauert… es war einfach zu schön hier! Hoffentlich holt uns das nachher nicht ein, wenn wir hier gleich zu Beginn so herumtrödeln 🙈.

Wie zu erwarten, ist das Stück Straße zwischen El Remate und Flores teilweise in einem katastrophalen Zustand. Einziges Trostpflaster: Wir kennen es schon vom Hinweg…

Der Weg ist aber nicht nur doof… am Straßenrand gibt es einiges zu gucken. Neben Landschaft diverse Verkaufsstände, wo die Leute Obst anbieten.

Irgendwann wird die Straße dann plötzlich richtig gut und wir können ein bisschen Gas geben. Wir fahren nicht über Flores, das Gewusel dort hat uns schon auf dem Hinweg gereicht. Stattdessen gehts über San Francisco (es ist wirklich erstaunlich wie viele Orte diesen Namen tragen) … und wundern uns, was die hier plötzlich mitten in so einem kleinen Ort für Alleen gebaut haben!

Irgendwie skurril. Rundherum hat es kaum befestigte Straßen in diesem Ort, geschweige denn vernünftige Häuser und dann biegst du um die Ecke und hast sowas… 🤪

Nach La Libertad verlassen wir bekannte Straßen und erwarten das Schlimmste…

Der Straßenabschnitt bis nach Sayaxché, wo wir die Fähre nehmen müssen überrascht uns mit einer sehr abwechslungsreichen Landschaft. Es geht durch Wiesen, Felder, an Farmen vorbei, wenig Tumulos und eine recht gut fahrbaren Straße.

Wir erreichen Sayaxché und den Rio La Pasión.

Hier müssen wir übersetzen. Als wir ankommen ist die „große“ Fähre, die mehrere Autos transportieren kann gerade weg. Mist! Da liegen zwei so kleine Boote, wo gerade mal ein Auto draufgeht. Als wir beobachten, wie die mit ihren kleinen Mopeds da drauffahren überlegen wir auch… aber nur kurz. Der dreht mit einem Schwung sein Moped auf dem Bötchen um, damit er auf der anderen Seite nicht rückwärts rausfahren muss… Ok, das geht mit unserer Fuhre ja schon mal gar nicht, weder das umdrehen noch das rückwärts fahren.

Die zweite „große“ Fähre ist schon im Anmarsch, warten wir doch einfach auf die …

Ich liebe Fährfahrten!

Von der Fähre runter geht’s raus aus der Stadt und weiter. Wir durchqueren noch einmal ein kleines Stück Urwald, den El Rosario NP…

Dahinter wieder viel Land, ein paar Häuseransammlungen, Kühe auf der Weide und sonst nix.

Wie eine Fatamorgana taucht plötzlich im totalen Nirgendwo ein chinesisches Restaurant am Straßenrand. Das kommt wie gerufen…

Kann man das machen? Chinese in Guatemala? Was das wohl gibt… egal, wir haben einfach keine Lust auf Tacos und Bohnen und versuchen unser Glück.

Es ist megalecker! Endlich mal schön knackiges warmes Gemüse! Das Chop Suey könnte ein bisschen mehr bums haben, aber dafür gibt’s ja Sambal Oelek… und es gibt sogar richtiges Toast und nicht die nervigen faden Tortillas!

Gestärkt und happy machen wir uns auf die Weiterreise… Es liegen immer noch 165 km und fast vier Stunden Fahrzeit vor uns…

… es geht durch riesige Palmenplantagen. Rechts und links Palmen soweit das Auge reicht, hin und wieder eine Einfahrt mit der Warnung, dass LKW herauskommen könnten. Was immer die hier produzieren… wahrscheinlich Palmöl 😵‍💫.

Irgendwann kommen die Berge in Sicht…

Ab hier wird es schön, aber auch anstrengend zu fahren … Wehe, wenn du einen fetten LKW am Berg vor dir hast, der nicht aus dem Quark kommt.

Der Straßenzustand wird auch nicht besser, besonders wenn wir durch die Dörfer fahren herrscht Ausnahmezustand.

Mörderhohe Tumulos, Schlaglöcher, teilweise ist die Straße ganz weggebrochen und mit irgendwelchem Bauschutt aufgefüllt, Schlamm, wilde Hunde rennen über die Fahrbahn, Hühner, Schweine, fliegende Händler werfen sich teilweise fast in den Weg um irgendwelche Dinge zu verkaufen, irgendwo wird Müll verbrannt, Suppenküchen qualmen vor sich hin… ein unglaubliches Durcheinander, Gewusel und Getöse…

Andrés spontaner Kommentar: Hier sieht es ja aus wie im Fernsehen!

Zu allem Überfluss ist die Straße teilweise mit roter Erde verschlammt, die durch den vergangenen Regen eine schmierige Schicht bildet… sauglatt, wie Schmierseife.

In einer Kurve hat’s uns fast weggerissen, nur eine Kombination aus ABS, schneller Reaktionszeit, Andrés linkem Bein, was abgestützt hat und Glück hat uns davor bewahrt auf der Nase zu liegen, da das Vorderrad auf dem Schlick wegrutschte und die BMW ins Schlingern kam. Das war knapp 😅!

Wir erreichen schließlich Coban, gerade noch bevor es regnet. Der Himmel ist schon verdächtig dunkel.

Heute Nacht schlafen wir in einem AirBnB in einer bewachten Anlage, eine Wohnung in einem riesigen Appartmentkomplex, mit Küche, Waschmaschine und Trockner. Wir wollen heute selber kochen und Wäsche waschen.

Das böse Erwachen kommt als wir unsere Klamotten in den fünften Stock hochgeschleppt haben… kein Strom! Während André nochmal runterläuft stelle ich fest: nicht nur kein Strom, auch kein Wasser!

Das kann ja wohl nicht wahr sein! Wir wollen nach der Mördertour einfach nur unsere Ruhe haben, Kochen und Waschen… stattdessen müssen wir jetzt rausfinden, was hier los ist… und zu allem Überfluss ist mein Handy komplett leer, Andrés hat auch nicht mehr viel Saft und nur mit meinem Handy hätten wir mobile Daten, telefonieren ist eh nicht…

André trifft im Flur auf andere Mieter. Der gesamte Gebäudekomplex ist seit heute Morgen ohne Strom und Wasser. Eigentlich sogar ein großer Teil der Stadt. Durch den anhaltenden Regen ist die Versorgung zusammengebrochen.Die Frau ist total fertig, sie hat wohl auch seit gestern ein AirBnB bezogen, weil sie evakuiert wurden. Eigentlich wohnt sie in den Bergen, da sind sie aber durch die andauernden Regenfälle total abgesoffen. Nun ist sie hier in Coban und es sieht nicht besser aus.

Interessanterweise scheint der Strom in der Umgebung wieder da zu sein, nur unser Gebäude ist komplett dunkel… Was nun? Erstmal PowerBank raus und mein Handy laden. Kerzen suchen… es gibt eine 🤪.

Wir haben Hunger. Wir müssen aufs Klo. Wir müssen unsere Handys laden … und wir haben keinen Strom und kein Wasser.

Nach einem Schockmoment rappeln wir uns zusammen und gehen zu Fuß zum nahegelegenen Einkaufszentrum. Erstmal einkaufen: Sachen, die man ohne Kochen essen kann: Tomaten, Gurke, Thunfisch in Öl aus der Dose, dann kann ich vielleicht nen Tomatensalat machen. Fürs Frühstück morgen Obst: Bananen, Äpfel, Orangen. Kerzen, Batterien (für unsere Stirnlampen) und ganz viel Wasser… wenn nix aus der Leitung kommt, müssen wir halt notfalls das Flaschenwasser ins Klo kippen 😵‍💫🙈. Eigentlich wollten wir auch noch Bier… gab es nirgends im ganzen Einkaufszentrum! 💩

Mit dem ganzen Kram bepackt suchen wir ein Restaurant, etwas trinken und dabei laden… und aufs Klo.

Es gibt kein Restaurant… toll! Nur einen Foodbereich… mit allem, was das Fastfoodherz so braucht. Brauchen wir aber nicht! Wir brauchen ne Steckdose!

In einer Ecke finden wir ne Steckdose. Super Adapter für zwei Ladekabel rein… Andrés Handy und die Power Bank werden jetzt schon mal geladen…

Alibimäßig bestellen wir zwei Pommes. Jetzt können wir hier Zeit totschlagen und beim Laden zusehen. Ein Klo hat’s hier auch. Bingo! F

ehlt nur noch ein Kaffee. Die Frau am Crêpes Stand hat auch Kaffee, also bestellen wir dort auch noch zwei Kaffee und geben mein Handy zum Laden ab. Läuft!

Wir warten… draußen wird’s langsam dunkel, aber es regnet noch nicht. Gut.

Irgendwann sind die Pommes alle, der Kaffee auch… wir bestellen Crêpe… und warten weiter.

Um uns herum werden die Buden langsam aufgeräumt und zugemacht. Die Crêpes Stand Frau macht auch schon sauber. Die Zeit ist um, wir müssen wohl zur kalten dunklen Wohnung zurück…

Immerhin, die Handys sind wieder auf 50% und auf dem Klo waren wir auch. Was will man mehr?

Mit unseren Einkauf bewaffnet treten wir den Rückweg zum Apartment an. Der gesamte Gebäudekomplex ist immer noch komplett dunkel. Wohnt da überhaupt jemand? Beim genauen Schauen sehen wir in ein paar Fenstern Kerzen. Skurrilerweise ist der Fußballplatz direkt vor den Gebäuden hell erleuchtet und auch die anderen Häuser rundherum. Wir kommen uns leicht verarscht vor.

Im Strahl der Stirnlampe tapsen wir durch den dunklen Flur und hinein in die kalte dunkle Wohnung. Gerade als André die Kerzen auspackt um sie anzuzünden macht es plötzlich Piep und summt, als sich der Strom wieder einschaltet, die Waschmaschine auf Standby geht und der Kühlschrank anfängt zu summen.

😅 Der Strom ist wieder da und kurz danach auch das Wasser! Plötzlich sieht die Welt wieder ganz anders aus… und die Wohnung auch 😃!

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