Wir wachen auf … und die Nase ist kalt. Das ist der Nachteil, wenn man in einem Museumshotel übernachtet. Auch das Heizen ist wie im Museum, ist der Kamin aus, kühlt auch das Zimmer aus, denn draußen sind es mal grade 10 Grad…

Es hält sich aber in Grenzen und heute Nacht habe ich tatsächlich endlich mal nicht gefroren, denn hier im Maya Inn haben sie vernünftige richtig schön dicke Decken, in die man sich einmummeln kann, nicht nur so ein dünnes Laken.

Da es noch früh ist machen wir genau das… nochmal schön unter die Decke kuscheln und weiterschlummern. Später werden wir dann Chichicastenango unsicher machen. Da es erst gegen Mittag mit 20 Grad einigermaßen warm sein soll, können wir uns Zeit lassen…
Frühstück gibt’s allerdings nur bis 9:00. Also schlüpfen wir um 8:30 in Jeans und Pulli (erstaunlich, dass wir den nochmal brauchen) und ziehen zusätzlich lieber noch die Daunenjacke an… Von gestern Abend wissen wir noch, dass es auch in den Speiseräumen ein wenig frisch sein kann.

Draußen im Hof des Gebäudekomplexes erwartet und eine Mischung aus Dschungel und Weihnachten 🤣.

Im Garten hocken Papageien auf der Stange und auf dem Rasen stehen Dekorentiere. Im Hintergrund funkelt ein unechter Weihnachtsbaum und trällert dabei Weihnachtslieder… irgendwie seltsam…

Wir machen uns auf den Weg zur Iglesia de Santo Tomás, einer der beiden Kirchen am Hauptplatz des Ortes. Die wollen wir uns heute anschauen.
An der Kirche quatscht uns Tomasa an.

Anfangs wissen wir nicht so recht, was wir davon halten sollen. Sie sagt, sie wäre Fremdenführerin und könnte uns herumführen und alles erklären und fängt auch schon gleich an zu erzählen..,, das heute ein besonderer Tag wäre. Uns war auch schon aufgefallen, dass unheimlich viele Menschen aus der Kirche strömten. Alle total schick gemacht, die Mädchen in Tracht und mit Blumen im Haar.

Wir fragen, was es denn kosten soll… 350 Q… eigentlich brauchen wir ja keine Führerin, die Kirche und den Friedhof anschauen, dass können wir auch gut alleine machen. Aber sie spricht ziemlich gut Englisch und hat schon jetzt einige interessante Dinge erzählt, die wir einfach so aus dem Internet nicht erfahren hätten und dann erwähnt sie noch, dass sie uns auch den Opferberg der Maya zeigen kann… ok, das hört sich schon interessanter an. Wir handeln und einigen uns auf 200Q und sie zeigt uns Kirche und Opferberg.
Bin ich froh, dass wir das gemacht haben. Es wird ein richtig interessanter und lustiger Nachmittag!
In der Kirche selbst ist das Fotografieren verboten, aber draußen darf man alles kurz und klein fotografieren. Da sind die Leute hier total entspannt, hätten wir eher anders herum gedacht.


Tomasa erzählt uns, dass heute hier in Chichicastenango ein ganz besonderer Tag ist. Hier wird heute Erstkommunion gefeiert. Alle sind in der Kirche, festlich gekleidet. Im Gegensatz zu der Kommunion bei uns sind die „Kinder“ schon fast erwachsen und die Mädchen tragen hier auch keine weißen Kleider. Aber der weiße Blumenkranz im Haar ist gleich und sich hier haben die Kommunikanten eine Kerze in der Hand.
Nach der Kirche geht es durchs Dorf in Richtung Opferstelle am Berg … Pascual Abaj.
Ein kleiner Zwischenstopp bei einer Maskenmanufaktur. Natürlich hat uns Tomasa hier hingeführt, weil wir potentielle Kunden sind, allerdings mussten wir sie und ihre Freundin enttäuschen… bei uns auf dem Motorrad ist definitiv kein Platz für eine Maske. Auch wenn mir die Dinger bestimmt als Erinnerung und Dekoelement gefallen hätten. Aber wir kriegen einfach nix mit.


Aber sehr interessant, hier die Produktion und verschiedenen Kostüme zu sehen.

Es geht weiter den Berg hinunter eine Straße entlang, deren Häuser auffallend bunt bemalt sind.




Die Wände hier sind eine richtige kleine Kunstgalerie. Sehr schön anzuschauen.


Wir erreichen das Museo de Máscaras Ceremoniales, in dem traditionelle Masken ausgestellt werden , aber auch traditionell Schamanenzeremonien abgehalten werden.


Dieser Korb enthält alles, was für die Zeremonie einer Familie benötigt wird, u.a. diverse Kerzen in unterschiedlichen Farben (jede Farbe steht für eine andere Eigenschaft, wie Reichtum , Gesundheit usw.), verschiedenfarbiger Zucker und irgendein Getreide, weitere Opfergaben, die nicht verbrannt, sondern nur hingestellt werden.



Das Museo de Máscaras Ceremoniales ist ein schöner bunter Ort.


Es sieht wie eine Mischung aus Museum, Maskenmanufaktur, Versammlungsstätte und Wohnzimmer, denn im hinteren Teil der Anlage laufen Hühner herum und spazieren lässig ins Wohnzimmer der ansässigen Familie. Wenn man mag, kann man sich auch in den Garten setzen und etwas essen oder man schaut sich einfach nur alles an…

Man sieht deutlich den Unterschied zwischen den traditionellen Masken und den dekorativen für die Wand. Die dunklen, braunen sind die traditionellen, die angeblich auch getragen wurden (kann ich mir zwar gar nicht so richtig vorstellen, so klein wie die teilweise sing) , die bunten sind nur Deko.



Wir gehen über den Hinterhof durch ein kleines Tor und dann den Berg hinauf…

Nach kurzer Zeit erreichen wir die erste Opferstelle.
Die Maya hier in Chichicastenango leben einen Glauben, der den alte Schamanenglauben beibehalten und mit katholischen Elementen vermischt hat. Es ist wirklich erstaunlich, dass die katholische Kirche da mitmacht, allerdings bleibt ihnen wahrscheinlich auch nichts anderes übrig 😉, andernfalls wären sie weg vom Fenster…
Es werden z.B. direkt vor der Kirche Opferzeremonien abgehalten und auch in der Kirche kleine Altäre mit Opfergaben aufgestellt. Lediglich Hühnchen und andere Lebewesen dürfte man dort nicht opfern, so erzählt uns Tomasa. Da hat die Kirche was gegen (komisch, warum bloß 😉) dafür müssten sie dann hierher kommen oder eben auf den Berg.

Schon von hier hat man einen schönen Blick über die Stadt und hinüber zum Friedhof. Dort wollen wir später auch noch hin.


Es geht weiter hinauf. Über einen schmalen Trampelpfad stapfen wir hinter Tomasa her. Irgendwann dreht sie sich um und zeigt in Richtung Bergspitze. Dort sieht man eine kleine Rauchsäule aufsteigen. Sie verkündet, wir hätten Glück, dort findet gerade eine Opferzeremonie statt und wir könnten dabei zusehen.
Puh, das hätte ich nicht erwartet und ohne Tomasa hätten wir uns das auch nicht getraut. Wenn wir hier alleine hingekommen wären hätten wir uns spätestens jetzt schnell verpieselt, um die Leute bloß nicht zu stören. Stattdessen schleichen wir uns nun ganz leise auf den Opferplatz und staunen.

Tomasa erklärt, der große Altar in der Mitte ist für Pascual Abaj, das ist der Gott, der dort angebetet wird. Hier hat heute morgen eine große Zeremonie stattgefunden, bei der auch ein Huhn geopfert wurde. Tomasa wusste das und wollte uns das zeigen. Das jetzt auch noch eine weitere Zeremonie stattfindet ist purer Zufall und unser Glück.


Ganz leise gehen wir an dem großen Altar vorbei zu einem kleinen im Hintergrund. Dieser Altar wird für die Kinder genutzt, um für sie und ihre Gesunde zu beten…
Von hier aus können wir das Geschehen gut beobachten. Die Schamanin kniet mit zwei Männern vor einem Opferstein und betet und murmelt. Der eine ist ein Geschäftsmann, der für ein gutes Geschäft und Gelingen seiner Arbeit beten will. Welche Rolle der zweite Mann spielt wird uns nicht so recht klar. Wahrscheinlich steht er einfach nur bei.

Auf einer Zeitung liegen die Opfergaben für die Zeremonie bereit. Kerzen, Zucker, Getreide..,.

Schließlich wird das Opfer aufgeschichtet. Eine kreisförmige Anordnung der Opfergaben, die verbrannt werden sollen. Es wir angezündet und fängt langsam an zu brennen. Die Schamanin lässt den Mann nun allein und dieser steht weiterhin vor sich hinmurmeln vor den langsam Feuer fangenden Opfergaben.

Irgendwann entwickelt sich ein richtig schönes Opferfeuer. Wir beobachten die Szenerie noch eine Weile und ziehen uns dann langsam zurück.

Ein letzter Blick Richtung Friedhof auf der anderen Seite und wir klettern den Opferberg wieder herunter.

Auf dem Rückweg zum Markt fragen wir Tomasa, ob wir sie zum Mittagessen einladen dürfen. Wir würden gerne auf dem Markt essen. Sie hatte gesagt, dass man da gut essen kann, nur irgendwie können wir so gar nicht beurteilen, wo es gut ist… Sie sagt zu und wir machen uns auf den Weg zum Markt.


An dieser Stelle wollte ich schnell noch die Szenerie filmen, aber mein Handy hatte irgendwie keine Lust. Es hat vielleicht ne halbe Minute gedauert, die ich abgelenkt war und dann hatten wir den Salat. André und Tomasa waren weg. Verschwunden in den Irrwegen des Marktes. Na toll! Ich schau nach rechts, nach links, geh ein bisschen in die eine Richtung und die andere. Keine Chance, die beiden sind wie vom Erdboden verschluckt.
Da hilft nur eins, ich warte… Wenn ich jetzt anfange in den Gassen des Marktes herumzulaufen, dann finde ich die nie und wahrscheinlich auch nicht mehr raus. Irgendwann wird André schon merken, dass ich nicht mehr da bin…
Aber das dauert… echt lang… und in der Zwischenzeit werde ich ständig von irgendwelchen Leuten angesprochen, die mir was verkaufen oder helfen wollen. Will ich aber nicht und können die auch nicht!
Dann entdecke ich André endlich, wie er aus dem Gewirr wieder auftaucht… Gut, dass er so groß ist 😅, da findet man ihn schnell wieder.

Ich marschiere hinter ihm her. Es geht mitten rein ins Getümmel… rechts, links, wieder rechts und irgendwann stehen wir vor einem Comedor mitten im Markt. Tomasa sitzt da und wartet auf uns…

Es ist rappelvoll voll, ein Geschnatter von den sich unterhaltenden Leuten, das Fett in den Pfannen brutzelt und zischt, Geschirrgeklapper und der Duft von gebratenem Essen.


Es gibt Hühnchen mit gedünstetem Gemüse und Reis. Als der Teller kommt bin ich mir nicht sicher, ob ich das essen kann. Irgendwie sieht es komisch aus… aber es ist köstlich. Das Gemüse ist superfrisch und das Hühnchen ist der Hammer. Ich glaube tatsächlich, dass ich noch nie so ein leckeres Hühnchen gegessen habe. Umhüllt ist es mit einer megaknusprigen und wirklich gut gewürzten Panade, da kann jeder KFC einpacken (wobei, KFC schmeckt eh nicht…). Ist halt nur ne kleine Sauerei, so‘n Hühnchen abzuknabbern 🙈.

Wir verabschieden von Tomasa und schlendern alleine weiter über den Markt und durch den kleinen Ort. André hat noch ein gut bewertetes Restaurant aufgetan, was wir uns für heute Abend anschauen wollen, vielleicht bekommt man da ja auch nen Kaffee.

Das Casa San Juan gefällt uns supergut. Wenn man durch einen langen Gang in den Innenhof kommt landet man in einer Oase der Ruhe. Draußen die quirlige Straße, drinnen eine wunderschön eingerichtete und lauschige Terrasse im Schatten.





Es gibt wunderbaren Käsekuchen und richtig guten Kaffee. Eigentlich passt ja nix mehr rein nach dem Hühnchen, aber wenn man sich den Kuchen teilt ist es ein perfekter Abschluss.





Nach dieser kurzen Pause machen wir uns auf den Weg zum Friedhof. Da die Sonne bald untergeht müssen wir uns ein bisschen ranhalten, um ihn noch bei Tageslicht sehen zu können.

Zum Glück ist hier alles nah beieinander. Es geht am Hotel vorbei einmal den Berg hinunter und schon sind wir dort.

Der Friedhof ist schon beeindruckend. Hinter dem großen Tor erstrecken sich reihenweise Gräber in den allen erdenklichen Farben.







Der Friedhof von Chichicastenango ist dafür bekannt ein Treffpunkt freilaufender Hunde zu sein. Wir haben von Beginn an einen vierbeinigen Schatten, der still neben uns hertrottet und allen anderen Hunden unmissverständlich klarmacht, dass wir seine Menschen sind 🙈.

Das erstaunliche an dem Friedhof ist, dass hier, ebenso wie in der Kirche im Ort, der Schamanenglaube neben dem katholischen Glauben gelebt wird und sich vermischt.
Überall auf dem Friedhof brennen kleine Opferfeuer, ha im hinteren Bereich ist sogar eine richtige Opferstätte eingerichtet. Dort liegen die Hunde direkt neben den Feuern auf den noch warmen Steinen.

Auch die Gräber sind so gebaut, dass sich an jedem Grab ein Platz für Opfergaben findet.




Es wird langsam dunkel und wir machen uns auf den Rückweg zum Hotel. Eine kleine Pause einlegen, bevor wir noch einmal zum Casa San Juan gehen um dort zu Abend zu essen. Es hat uns da so gut gefallen, dass wir noch einmal dort hingehen.





Abends sitzen wir wieder in unserem Zimmer am offenen Feuer und freuen uns über die angenehme Wärme. Morgen geht es schon wieder weiter, aber erst nachdem wir den legendären Markt von Chichicastenango besucht haben…

Ein Gedanke zu „Chichicastenango… eine Stadt wie aus einer anderen Zeit“
Wow, what a great day. Thanks for all the pictures and thr stories. We are enjoying following your travels.