Heute haben wir viel vor, wir wollen den Hoh Rainforest besuchen und die Hall of Mosses.
Das ist der Teil des Regenwaldes, in den besonders alte und vermooste Bäume stehen und ein regelrechtes Labyrinth aus knorrigen Stämmen bilden.
Es hat sich stark abgekühlt heute Nacht, hatten wir gestern noch sonnige 29 Grad Celsius (sehr ungewöhnlich hier, aber wir haben es genossen 😎), so sind für heute nur noch 12 – 21 Grad angesagt.
Da es in unserem Regenwald -Camp ohnehin kühler ist (die Bäume schlucken einfach alles weg), entschließen wir uns gegen einen frühen Aufbruch zum Hoh und lassen es ruhig angehen…
D.h. den warmen Schlafsack möglichst spät verlassen, ein ausgiebiges Frühstück und dann gegen 11h erst los.


Hoffentlich rächt sich das nicht 🙈.
Irgendwie hatte ich mich daran erinnert irgendwo gelesen zu haben, dass sich beim Hoh schon ab morgens um 10h eine lange Autokarawane bildet, da dieser Teil des Nationalparks im Sommer dem Ansturm an Gästen nicht gewachsen ist… zumindest der Parkplatz 🤔.
Aber irgendwie können wir es uns nicht vorstellen und sowohl im Reiseführer als auch im Internet lässt sich nichts darüber finden… Hm, wo hatte ich diese Information bloß her? Pure Einbildung? Schließlich siegt der innere Schweinehund, der keine Lust hat, so früh in der Kälte aufzubrechen 😉.
Rein fahrtechnisch eine gute Entscheidung, als wir losfahren ist es noch etwas frisch und nebelig, sobald wir aber die Küste verlassen reist der Himmel auf und die Sonne kommt heraus. Ideales Mopedwetter!


Wir erreichen die Upper Hoh Road gegen 11:30 und werden schon mit Hinweisschildern empfangen, die darauf hinweisen, dass wir zwischen 10 am und 5 pm mit delays zu rechnen haben. Oh oh 🫤 dann sind wir mal gespannt…
Irgendwann kommen wir am Hoh Rain Café vorbei und können nicht widerstehen … endlich mal ein Café, wo man schön draußen sitzen und die Atmosphäre genießen kann!

Also: Zwischenstopp, ☕️ trinken und die Sonne genießen!
Nach den Kaffee und einem Aufkleberkauf für den Seitenkoffer (hier gibt’s nämlich schönes Merchandising vom Nationalpark … also Leute in Forks, nehmt euch da ein Beispiel dran 😉) geht’s weiter Richtung Hoh Rain Forest.
Ein wunderschöne Fahrt. Die Straße schlängelt sich in schönen Kurven durch den Regenwald.





Kurz vor erreichen des Parkeinganges ist dann doch plötzlich Schluss. Stau mitten im Regenwald…

ein Schild sagt uns, dass es ab hier noch ca. 1 1/2 Stunden dauert. Ernsthaft? 😳 WTF… darauf haben wir keine Lust! Aber war ja mit Ansage 🤪.
Wir disponieren um…
… drehen und machen uns auf den Weg Richtung Kalaloch und zum Ruby Beach. Auf dem Rückweg werden wir dann einen zweiten Anlauf starten.
Als wir die Küste erreichen wird es wieder kühler und nebelig.
Das typische Phänomen hier an der Pazifikküste: Die Küste ist oft in Nebel verhüllt während nur ein paar Kilometer weiter im Inland komplett anderes Wetter vorzufinden ist. Ähnliches kennen wir schon von der Küste auf der Kenai Halbinsel in Alaska.


… und dann erreichen wir Ruby Beach.
Ein Strand wie aus einem Piratenfilm. Rauhe steile Küste, bis zur Abrisskante dichter Regenwaldbewuchs, vorgelagert kleine und größere Felsen an denen sich die Brandung austobt… und überall wieder das tote Holz riesiger angespülter Bäume.


Die Wellen rauschen, die Gischt spritzt, Vögel kreischen, alles eingehüllt in einen geheimnisvollen Nebel…


Einfach fantastisch!



Wir lassen die vielen Besucher hinter uns und machen einen ausgedehnten Spaziergang an der Küste entlang in totaler Einsamkeit.



Nur die Natur, das Meer und wir.

Ganz vereinzelt mal ein anderer Wanderer… das ist das schöne an amerikanischen Sehenswürdigkeiten, sobald man den Hotspot verlässt und ein paar Meter weitergeht, hat man alles für sich. Die Masse quält sich für ein paar Minuten aus dem klimatisierten Auto, läuft 10 Schritte, macht hundert Selfies und verschwindet dann schnell wieder. 😂
Nach unserem Spaziergang bleibt noch Zeit bis 5pm … vorher brauchen wir es gar nicht versuchen, zum Hoh Rainforest zu kommen.
Da wir ein leichtes Hüngerchen verspüren fahren wir noch ein Stück weiter nach Kalaloch. Dort soll es eine Lodge mit Restaurant geben. Schaun wir mal.
Wir werden nicht enttäuscht, das Essen hier ist zwar ganz schön pricy, aber dafür wirklich lecker… endlich mal was Grünes! 😃 … und man sitzt hier schön und schaut auf den unten liegenden Strand und Wifi hat’s hier auch 🥳!



Schließlich ist es 16:30 und wir können den zweiten Anlauf zum Hoh Rainforest starten.
Von hier brauchen wir laut Navi ca. 1Std. bis zum Visitor Center.
Nach etwa 45 Minuten erreichen wir die Stelle, an der wir heute Mittag umgekehrt sind und sehen schon: immer noch Stau, allerdings nicht ganz so lang…

Kann ja wohl nicht wahr sein! Das Schild, an dem wir schließlich zum Halt kommen sagt:
ab hier noch eine Stunde Wartezeit!
Dahinter noch weitere Schilder mit Erklärungsversuchen, warum sich die Warterei so lang hinzieht.


Fakt ist, die lassen immer erst wieder einen rein, wenn ein Fahrzeug rausgefahren ist.
Bei den Massen an Autos, die uns inzwischen entgegenkommen müsste das eigentlich viel schneller gehen. Ich hab so eine Vorahnung, dass es an der dilettantischen Abwicklung liegt … Als wir schließlich nach (zum Glück) 15 Minuten das Einlasshäuschen erreichen, bestätigt sich meine Vermutung. Die gute Dame kommt einfach nicht so schnell nach mit dem Abkassieren und sie fängt das Kassieren erst an, wenn ein Wagen rausfährt. Was für eine dämliche Organisation 🙄! Viel sinnvoller wäre es doch, an solch vollen Tagen einfach schon weiter vorne abzukassieren und dann eine weitere Schranke für den Einlass zu installieren! Klappt bei uns in jedem Parkhaus genau so … naja 🤪.
Das Visitor Center des Hoh Rainforest erreichen wir schließlich gegen 18h, also nur mit einer halben Stunde Zeitverzug… kann man mit leben!
Nun werden die Motorradjacken in die Seitenkoffer geschlossen und es geht in den Wald.
Von unserem Campingplatz sind wir den Anblick der riesigen leicht moosigen Bäume gewöhnt, aber das hier ist noch einmal eine andere Dimension.

Der Wald ist alt, richtig alt.


Riesenhafte dicke Bäume ragen in den Himmel, knorrig, verwachsen, teilweise ineinander gewachsen. Ein Geflecht aus Bäumen, Ästen, Farnen, Moosen… umgestürzt und wieder neu bewachsen…



Ein Wald, der seit Jahrtausenden sich selbst überlassen gewachsen ist, eine fantastische, mystische Welt aus den unterschiedlichsten Grüntönen, die man sich vorstellen kann.

Wir können uns nicht sattsehen!

Es gibt hier verschiedene, meist gut ausgebaute Wege, um durch den Wald zu schlendern und zu wandern.


Der bekannteste und sehenswerteste Trail ist der durch die Hall of Mosses.


Wir wandern durch ein Dickicht aus fantastisch verformten Stämmen und Ästen. Plötzlich fühle ich mich so winzig klein, als wäre ich spontan geschrumpft, wie eine Ameise in einem Wust aus knorrigem Holz und Dickicht aus Moos und Flechten.


Die Sonne, die zwischen den riesenhaften Stämmen hindurch scheint, taucht alles in ein diffuses Licht. Wir wandern durch eine märchenhafte Welt, als wäre man direkt in die Welt der Hobbits und Elben von Tolkin gebeamt worden. Jederzeit würde ich hier mit dem Auftauchen von Baumbart rechnen…

Nach einer knappen Stunde sind wir den Trail abgelaufen und beschließen, aufgrund der fortgeschrittenen Stunde, keinen weiteren Trail mehr zu erkunden sondern den Rückweg zum Campingplatz anzutreten. Schließlich wollen wir dort noch was kochen und im Dunklen ist das schlecht.



In der Abendsonne genießen wir die Rückfahrt durch die riesenhaften Bäume und am Hoh River vorbei.

Da es schon spät und kaum noch andere Fahrzeuge unterwegs sind können wir hier in aller Ruhe durchknattern und sehen sogar ein paar Rehe, die sich in der Dämmerung herauswagen.


Aber auf einmal geht die BMW einfach aus. 😳😳😳
Ernsthaft? Hier? Im Nichts? Wo kaum noch einer vorbeikommt? Und meilenweit vom nächsten Ort entfernt?
Wir rollen an den Straßenrand. Neustart… nichts… das Motorrad springt nicht wieder an! Na toll!

Spontan kommen wir nur darauf, dass sie keinen Sprit mehr hat, denn bis vor einer Sekunde lief die Karre noch wie am Schnürchen… aber die Tankanzeige zeigt „halb voll“ an. Da wir aber noch gar nicht Tanken waren, weil der Tank in Seattle randvoll anzeigte, haben wir nicht wirklich den Überblick wie viel schon verbraucht ist… durchaus möglich, das die Tankanzeige spinnt. Wäre besser, als irgend ein anderer Schaden.

Fakt ist, wir stehen mitten im Regenwald, es ist 20h in einer Stunde geht die Sonne unter und hier ist kein Schwein…
Immerhin haben wir Netz, aber ein kurzer Blick zeigt: alles hat schon zu!
Da ist guter Rat teuer. Irgendwann kommen doch noch ein paar Autos vorbei, aber keiner hält an.
André macht erstmal den Warnblinker an. Wir müssen wohl versuchen einen anzuhalten.
Zweiter Schwung Autos, da ist ein Truck dabei. André gibt ihm ein Zeichen, aber er fährt vorbei.
Misst… André surft weiter im Internet. Triple A anrufen? Wir sind leider kein Mitglied mehr, oder erstmal unsere Versicherung in Deutschland, die haben eine weltweite Notfallnummer…
Gerade, als er diese Nummer anwählen will, sehe ich, dass der Truck angehalten hat und wendet.
😅 er kommt zu uns zurück, vielleicht können die helfen?
Und tatsächlich, auf Andrés Frage, ob er evtl. einen Benzinkanister an Bord hat, weil wir vermutlich keinen Sprit mehr haben, antwortet der Typ „klar! Er hat immer was dabei!“
Truckfahrer, den fettesten Tank ever und trotzdem immer Notfallsprit dabei…

Er fährt rechts ran und kommt mit seinem Kanister abgelaufen. Jetzt wollen wir nur hoffen, dass es auch wirklich daran liegt!
Wir füllen erstmal nur ein bisschen ein und versuchen, die Karre zu starten. Jetzt heißt‘s Daumen drücken ✊🏻✊🏻✊🏻.



… und zum Glück, springt die BMW wieder an und läuft, als wäre nix gewesen 😅😅😅.
Da es bis zur nächsten Tankstelle noch einige Meilen sind, schlägt der nette Truckfahrer vor, dass wir ruhig noch mehr Benzin schnorren dürfen.
Wie sich herausstellt, ist er mit seiner Frau aus Arizona hier im Urlaub… Aus Phoenix… wir stellen mal wieder fest, dass die Welt klein und voller netter Menschen ist.
Er will nix für den Sprit haben, freut sich einfach für uns, dass das Problem so einfach gelöst ist und bietet an, bis Forks vor uns herzufahren. Er will da auch hin und so sind wir sicher, falls doch noch etwas mit dem Motorrad ist.
So trudeln wir dann doch recht spät in Forks ein, tanken… und der Tank war echt komplett leer! 🙈
Nun wissen wir zumindest, dass anscheinend unsere Tankanzeige ne Macke hat! Bleibt zu beobachten!
Auf dem Rückweg zum Campingplatz halten wir noch an einem Verkaufsstand für Brennholz an. Hier ist Selbstbedienung: Holz nehmen – Geld in die Gelddose werfen – fertig.



Wie kriegen wir die beiden Bündel vernünftig transportiert? Zum Glück haben wir unsere Schnüre mit und so binden wir sie einfach hinten auf die Gepäckablage.




So sieht das aus, wenn man Feuerholz mit ner BMW 1200gs Adventure transportier! 😂

😅 Ich hatte mich das ganze schon auf meinen Knien balancieren sehen!
Zum Kochen ist es uns dann doch zu spät… bleibt Flüssignahrung mit Nüsschen am Lagerfeuer 🔥.





