Markttag in Chichicastenango

Gestern noch lag über der Stadt ein Hauch von Dornröschenschlaf. Alles ganz gechillt, easy, jeder geht irgendeiner Beschäftigung nach, aber niemand hetzt herum.

Heute ist der Ort wie ausgewechselt. Es Sonntag… einer der beiden Markttage in Chichicastenango.

Es wird voll in der Stadt. Am Morgen bemerkt man nur eine nervöse Unruhe. Noch sind die Gassen leer… überall in den Straßen rund um die beiden Kirchen haben die Leute ihre Marktstände aufgebaut.

Aus dem gesamten Umland kommen die Maya und präsentieren hier auf dem Markt ihre Waren. In erster Linie Kunsthandwerk. Tücher, Decken, Kissen, Kleidung in allen erdenklichen Mustern und Farben. Töpferwaren, Schmuck, Leder, zwischendrin Obst-und Gemüsestände, Getreide in riesigen Säcken, aber auch der Händler, der seine Plastiktöpfe anbietet.

Riesige, mehrere Meter hohe Konstruktionen aus Bambus, bei denen einem regelrecht schwindelig wird. Gestern noch, als wir den Aufbau schon beobachteten fragte ich mich, wieso die so hoch sind. Die Leute sind doch so klein, die kommen da nie und nimmer dran. Heute ist klar warum, die Flächen sind begrenzt, da wird die Waren in der Höhe angeboten. Bis oben hin ist alles mit Tüchern, Taschen und Was sonst noch angeboten wird zugehängt.

Das meiste von Hand gefertigt, aber inzwischen sind auch schon einige maschinell gefertigten Waren dabei… auch wenn man den Eindruck hat, dass hier die Zeit stehenbleibt, die Moderne hält auch hier Einzug, wenn auch langsam…

Der Markt ist bunt, wuselig, laut…

André hat‘s gut. Ist ja normal, dass er durch seine Größe Menschenansammlungen gut überblicken kann, aber hier hat er es besonders einfach. Wie ein Riese stapft er durch die Leute. Um ihn herum ein waberndes Meer aus schnatternden, wild gestikulierenden Menschen.

Je näher wir der Kirche kommen, desto unübersichtlicher wird das Geschehen.

Die komplette Treppe ist mit Menschen bedeckt. Händler verkaufen Blumensträuße. In großen Plastikschalen werden Blütenblätter angeboten.

Einige Leute knien auf den Treppen, inmitten des Trubels und beten. Kleine Opferfeuer werden verbrannt.

Eine Schamanin kniet vor der Kirche und bereitet sich auf eine Opferzeremonie vor. Später wird sie mitten in dem ganzen Trubel seelenruhig vor der Kirche stehen, eine Dose mit irgendwelchem RäucherKrams an einem langen Band hin und herschenkend.

Zwischendrin wir und ein paar andere vereinzelte Touristen, die einfach nur staunend dastehen und auf das Treiben schauen.

… und diese Mayafrau. Sie sitzt oben in einer Nische der Kirchenmauer. Links und rechts von sich eine Tasche und einen in ein großes Tuch gewickelten Korb, vermutlich ihre Ware… und guckt. Guckt auf das Gewusel unter ihr. Ein Anblick der für den Moment all das Gewusel und den Lärm in den Hintergrund rücken lässt… eine Ruheinsel im Chaos.

Aber der Moment ist schnell wieder vorbei.

Plötzlich wird es unruhig auf der Treppe zur Kirche. Riesengroße Sänften werden vor die Kirchentore getragen, reich geschmückt mit Federn, Perlen und Pailletten. Man wird fast blind beim Hinsehen… auf jeden Fall kann ich vor lauter Glitzer und bunten Farben kaum erkennen, um was es sich da handelt.

Scharenweise drängen sich die Leute um die Sänften, fassen sie an, schnattern, murmeln…

Ein Typ in schwarzer Tracht mit bunter Stickerei scheucht uns die Tteppenstufen hinunter. Etwas verwirrt folge ich den Leuten, die sich nur widerwillig von der Treppe begeben.

Aus dem Augenwinkel fällt mir ein komischer kleiner Mann aus, der mit einer irgendwie lustig aussehenden Ernsthaftigkeit in einem Arm ein weißes Holzpferd herumschleppt und mit der anderen Hand ein merkwürdiges Gebilde aus geflochtenen Reisig, Metallkorb und bunten Anhänger, die aussehen wie Riesenbonbons.

Von wegen Bonbons!

Ich bin noch richtig am Treppenabsatz angekommen da fängt schon die Böllerei an.

Plötzlich knallt und zischt es wie verrückt. Das Männchen mit der Bonbonkonstruktion hüpft wir verrückt auf den Treppenstufen herum und schwenkt dabei seine Konstruktion in der Luft herum… und die Konstruktion löst sich mit lautem Getöse in Luft, Qualm und Böllern auf.

Parallel werden die geschmückten Sänften hin und herbewegt, irgendwo trommelt einer und der andere Typ, der uns eben von der Treppe gejagt hat, stimmt irgendeinen SingSang an.

Noch eine Schamanenzerenonie, diesmal aber ziemlich präsent!

Anschließend setzt sich die Truppe in Bewegten und kommt mit Getrommel und SingSang die Treppe herunter. Die Sänften werden durch die Massen getragen, die auf wundersame Weise eine Gasse freigeben und anschließend der Karawane folgen.

Wir machen uns nun auch auf den Weg, der Markt wird inzwischen immer voller. Anscheinend sind jetzt auch die Reisebusse mit Tagesausflüglern angekommen, denn immer mehr Touristen strömen auf den Markt:

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Zeit für uns zu gehen, wir müssen noch auschecken und wollen dann weiter zum See Atitlan.

Beim Checkout lernen wir noch ein amerikanisches Pärchen kennen, sie ist gebürtig aus Kolumbien, er aus Chichicastenango. Wir verquatschen uns und plötzlich steht eine Traube aus Menschen um unser Motorrad herum… hm scheint wohl im Weg zu stellen 🙈.

Zeit für uns, nun wirklich aufzubrechen.

Aber erstmal rauskommen aus der Stadt…

Durch den Markt herrscht das totale Chaos. So gut wie alle Straßen sind gesperrt und somit quetscht sich der gesamte Verkehr durch die wenigen befahrbaren Straßen.

Das Garmin hat das natürlich gar nicht auf dem Schirm, aber auch GoogleMaps macht da heute tatsächlich auch schlapp. Zumindest die Richtung kann ich damit navigieren, den Rest müssen wir irgendwie so hinkriegen.

Wir klemmen uns einfach an ein Auto dran, welches ziemlich zielgerichtet unterwegs ist, in der Hoffnung, dass der einen Plan hat…

… und es geht mehr oder weniger mitten durch den Markt…

Aber schließlich sind wir draußen und auf dem Weg Richtung Lake Atitlan.

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