Der Wecker klingelt um 6h morgens. Wir stehen mal wieder mit der Sonne auf. Dieses Mal nicht, um loszufahren bevor die große Hitze da ist, sondern um vorher zu putzen, denn unser Beast muss „winterfertig“ gemacht werden…
Wobei… vor der Hitze gibt es hier eigentlich nicht… es sind auch jetzt schon um die 40°C, die kühlste Temperatur, die wir hier haben können. Weiter herunter kühlt es sich im Moment in Phoenix nämlich nicht ab…
Weil es jetzt schon so unerträglich heiß ist und der Carwash nur eine Straßenecke entfernt ist, gönnen wir uns den Luxus in kurzer Hose und Top zu fahren.
Theoretisch könnten wir auch den Helm weglassen. In Arizona gibt es keinen Helmpflicht und es fahren hier auch ohne Ende Biker herum, die „oben herum“ lediglich mit ´ner Sonnenbrille im Gesicht bekleidet sind.
Bei den Temperaturen kann man es tatsächlich nachvollziehen und es juckt in den Fingern, das nervige Ding wegzulassen.
Aber der Helm bleibt auf! Irgendwie fühlt es sich ohnehin schon sehr unvernünftig an, die ganze Schutzkleidung wegzulassen, wobei die lange Jeans, die wir die letzen Tage getragen hatten bei einem möglichen Sturz nun wirklich nicht mehr Schutz geboten hätte. Reine Psychologie…

Also putzen wir das Motorrad bei 42° im Schatten und freuen uns, dass wir dabei zumindest keinen Helm tragen müssen 🙈😂!

Dieser Carwash ist allerdings weitaus moderner und kundenfreundlicher, als die Modelle, die wir in Alaska und Canada hatten. Hier müssen wir nicht umständlich Dollarscheine in Quaters umtauschen um die Waschanlage zu füttern: Plastikgeld ist angesagt! Endlich mal ein Carwash mit Kreditkartenfunktion 😅.



Diese Prozedur ist uns inzwischen schon geläufig. Schließlich suchen wir jedes Jahr nach der Tour den Carwash auf, um die BMW grundzureinigen und auch noch den letzten Schmutz aus den Ecken zu spülen… wobei es in diesem Jahr ja zum Glück weniger schlammig war, als 2018 in Alaska und 2019 in Canada nach unseren Trips zum Arctic Circle. Teilweise hängt der Schlamm von der Fahrt auf dem Dalton Highway und auch vom Dempster Highway allerdings immer noch zwischen den Schrauben!
Einmal Schaum bitte…

… schön einwirken lassen und weiter geht’s 💦





… komplett nackig, ohne Seitenkoffer geht‘s in die zweite Runde, denn unter den Dingern sitzt bekanntermaßen auch immer ziemlich viel Dreck!


Hier gibt es sogar einen Föhn zum trockenpusten. Eigentlich der totale Unfug bei den Temperaturen, da trocknet eh alle Ruck zuck von selbst, aber mit dem Pusteding kommen wir auch in die Ecken vom Motorrad und das ist wirklich von Vorteil. Es spart uns Zeit und somit unnötiges Geschwitze und Kopfschmerzen in der Sonne.



… und dann ist der erste Teil der Motorradeinlagerungsprozedur getan.

… raus aus der Waschbox und weiter in die Sonne.



Wir parken das Moped direkt gegenüber der Hundewaschanlage… ist es denn zu fassen? Eine Waschanlage für Hunde 🙈🙈🙈 Das glaubt uns kein Mensch!

Jetzt kommt der schmierige Teil: die Konservierung mit WD 40, unsere Geheimwaffe für die Überwinterung.



Zum Glück finden wir doch noch ein Schattenplätzchen um uns mit der Sprüherei zu beschäftigen. So toll das WD40-Zeug ja für das Moped ist, es ist und bleibt ein eklig klebriges Stinkezeug und ich bin immer froh, wenn diese Prozedur überstanden ist.

Zurückblickend müssen wir aber sagen, dass uns das Zeug bei der unerwartet langen Überwinterungszeit von 4 Jahren tatsächlich den Arsch gerettet hat, denn die BMW hat die Jahre bei Billy und Gay auf der Terrasse tatsächlich super überstanden. Wenn wir damals 2019 das Beast nicht so akribisch eingesprüht und poliert hätten, wäre uns das Moped wahrscheinlich komplett weggerostet. So aber war sie tiptop in Schuss und hat auch in diesem Jahr einen wirklich guten Dienst geleistet! Braves Motorrad !

… und so sieht sie auch in diesem Jahr nach der Prozedur wieder aus wie neu. ✅ Fertig für die Einlagerung!

… und die wird in diesem Jahr in der Garage von DJ und Caren sein.
Die beiden sind echt megacoole Typen. Freunde von uns kennen DJ und erwähntem beim letzten Treffen, dass er in Phoenix wohnt und bestimmt Platz für das Motorrad habe. So kam der Kontakt zustande und wir funkten ihn per Mail an.
„Klar könnt ihr das Motorrad bei mir parken,“ antwortete er prompt. „Ich bin allerdings nicht in den USA, wenn ihr im Juli kommt. Da bin ich in Europa. Ist aber kein Problem, mein Nachbar schließt euch die Garage auf, der weiß schon Bescheid!“
Wie cool ist das denn? 😎👍🏻
Wir haben DJ und Caren also noch gar persönlich nicht kennengelernt, lediglich per WhatsApp-Videocall. Wieder so tolle Leute, die spontan bereit sind unser Beast zu beherbergen, einfach weil sie unsere Idee cool finden! Genau deshalb machen wir unter anderem unsere Reise: um solche Leute zu treffen, um zu erleben, dass die meisten Leute überall auf der Welt zuerst einmal nett sind.
Bevor wir aber zum Haus von DJ fahren haben wir noch eine Menge Zeit. Als wir vom Carwash zurückkommen ist es noch nicht mal 8h morgens 🤪.
Wir hüpfen also zuerst einmal in den Pool. Jetzt im Moment liegt er noch im Schatten und es ist tatsächlich ein wenig erfrischend ins Wasser zu gehen. In ein paar Stunden wird das anders sein, dann hat sich das Wasser wieder komplett zu einer warmen Brühe aufgewärmt… Also nutzen wir jetzt die Gelegenheit … noch vor dem Frühstück.
Gegen 11h quälen wir uns noch ein letztes Mal in die Motorradjacke und unter den Helm um in Richtung Anthem zu fahren. Anthem ist ein Vorort von Phoenix und liegt am Highway 17 Richtung Flagstaff. Wir müssen uns also noch einmal ein ganzes Stück durch die mehrspurige Straßen von Phoenix quälen, bis wir am finalen Überwinterungsort unsrer BMW angekommen sind.

Völlig durchgeschwitzt erreichen wir Anthem gegen 12h. All das Duschen und Anziehen frischer Klamotten vorher ist für die Katz 🥵. Zum Glück war auf den Straßen wenig los, sodass wir einigermaßen stressfrei durch den Verkehr gekommen sind.




Als wir die Wohnsiedlung von DJ und Caren erreichen werden wir erst einmal schön ausgebremst… Patrick, der Nachbar von DJ, hatte uns schon vorgewarnt. Die beiden wohnen in einer sogenannten „Gated Community“, d.h. wir dürfen nicht einfach so hinein:
Am Eingang versperrt uns ein Gatter den Weg: „Einlass nur für Anwohner… Besucher müssen zum Haupteingang fahren.“

Na, das ist ja wieder ganz toll! Hat uns das Navi zum falschen Eingang geführt! Wir drehen also zähneknirschend um und fahren zum Haupteingang….
Der liegt natürlich fast auf der gegenüberliegenden Seite 🙄… nochmals Schwitzen unterm Helm, Misst!
Am Haupteingang geht es dann auch nicht wirklich schnell weiter. Vor uns verriegelt ein Schlagbaum die Einfahrt und die Security kommt gleich angesprungen. Brav erläutern wir unser Anliegen und teilen der Dame von der Secutity mit, dass Patrick uns erwartet… und dann geht die Warterei los: Sie rennt nach hinten, um bei Patrick anzurufen und ist erstmal weg!
… und wir stehen da und schwitzen und die Sonne brennt uns das Hirn weg!
Irgendwann kommt sie endlich wieder und drückt uns nen Bon in die Hand: Die Wegbeschreibung zum Haus von Patrick und gleichzeitig eine Einlasserlaubnis.
Meine Güte, das ist ja mal ganz schön umständlich!
Wir fahren eine halbe Ewigkeit durch die Straßen der Gated Community. Kein Mensch ist auf der Straße, aber das ist ja auch kein Wunder bei der Hitze. Der Ort hat etwas von einer riesenhaften Ferienanlage, alles ist durchgestylt und ordentlich. Im Grunde genommen wohnen die Leute hier auf einem überdimensionierten Golfplatz, denn die Wohnanlage ist an den ortsansässigen Golfclub angeschlossen.
Trotz der Wegbeschreibung sind wir ein bisschen „lost“ und finden das Haus nicht gleich auf Anhieb. Irgendwie sind sich die Häuser auch alle sehr ähnlich und die Nummerierung ist auch leicht irritierend. Als wir schließlich das System verstanden haben winkt von hinten auch schon ein Typ mit den Armen: Patrick!
Endlich! Wir haben den Überwinterungsplatz für die BMW gefunden!

Da steht sie nun in der Garage von DJ und Caren. Die beiden haben uns freundlicherweise eine Ecke freigeräumt, in der sie stehen kann, trocken und im kühl, denn die Garage ist klimatisiert. Was für ein Luxus! Bei der Hitze hier sind wir echt dankbar dafür. Keine Ahnung, was mit dem Moped passiert, wenn es dauerhaft bei diesen Temperaturen herumstehen würde!
Schade nur, dass die beiden zur Zeit nicht da sind. Wir freuen uns schon darauf, sie nächsten Jahr persönlich kennenzulernen!

Zurück in Phoenix geht es erst einmal zum REI Shop. Paulina braucht noch eine Regenjacke und Florentina einen Trekkingrucksack und wir haben einfach Lust zum Stöbern… Wir kennen die REI Stores schon seit unserer ersten Tour in Alaska. Damals hatten wir uns gleich zu Beginn der Reise mit Campinggear ausgestattet und unserer Schlafsäcke von dort haben sich echt bewährt! So ist das eine gute Gelegenheit kurz vor Abflug zu shoppen, denn die REI Stores sind immer wirklich gut sortiert und haben gute Beratung durch das Personal, außerdem ist hier es schön kühl, dank der Klimaanlage 😉.
Am Abend gehen wir (… ja zu Fuß, obwohl es immer noch brüllendheiß ist…) zu einer Bar ein paar Straßen weiter.
Die Leute, die an uns vorbeifahren gucken alle etwas sparsam, weil hier einfach kein Mensch herumläuft, aber wir halten das viele Herumgehänge einfach nicht mehr aus! Wir brauchen mal ein bisschen Bewegung 🙈. Deshalb kämpfen wir uns bei der Hitze die Straße entlang und werden beäugt wie Außerirdische …

… unterhaltsame Ladenentdeckung am Wegesrand: Hier kann man bei Karstadt nix einkaufen, dafür aber Taekwondo trainieren 😂.
Ein paar Meter weiter sind wir dann am Ziel angelangt: Dem 1227taproom, eine kleine feine Bar, in der heute Livemusik gespielt wird.
Zielstrebig setzten wir uns direkt an die Theke, Florentina zwischen uns geparkt, in der Hoffnung, dass keiner auf die Idee kommt, sie nach dem Alter zu fragen. Wenn wir Pech haben, darf sie nämlich gar nicht erst rein (von wegen erst ab 21 und so 🙄).
Natürlich fragt uns der Barkeeper, ob die beiden denn auch schon beide über 21 Jahre alt sind, aber wir haben Glück, er schluckt unsere Kröte und wir bekommen unser Bier. Er ist fein raus, denn er hat nachgefragt… jetzt liegt die Verantwortung bei uns… haben wir kein Problem mit 😉.

… auch hier gibt es unfassbar viele Biersorten direkt vom Zapfhahn, aber ein vernünftiges Pils 🍺 wird dennoch schwierig.

Der Barkeeper lässt uns erstmal ein bisschen probieren, bis wir dann eins finden, dass gut trinkbar ist.
Mit diesen ganzen flavours die die hier in ihre Biere mischen werde ich mich wohl nie anfreunden können 🙈. Paulina ist da experimentierfreudiger und probiert ein Frose… irgendwas zwischen nem Rosé und einem Sorbet im Bierglas… sieht cool aus, schmeckt gewöhnungsbedürftig (zumindest mir).
Der Rest der Familie bleibt beim klassischen Bier und genießen die Livemusik.


Neben André sitzen zwei Frauen an der Bar, die an Paulinas Biercreation sehr interessiert sind und es schließlich auch probieren und lecker finden…
Wir kommen mit den beiden ins Gespräch. Die sind echt lustig, dass 1227taproom ist ihre Stammkneipe und sie treffen sich hier regelmäßig. Die eine ist schon in Rente und die andere arbeitet im Krankenhaus. Es ist megaspannend, sich mit den beiden über die Entwicklungen im Land und besonders in Phoenix zu unterhalten und sie haben teilweise ein ganz andere Sicht auf die Dinge, als z.B. Patrick.
Bei der Frage nach dem Wasser z.B. und ob sie glauben, dass dies hier in der Wüste ein Problem werden könnte. Da sagen sie ganz klar, dass sie sich Sorgen machen, wie das weitergehen soll, da Phoenix sich das ganze Wasser ja irgendwo aus den Bergen vom Colorado River holt. Patrick hingegen sah bei der Frage nach dem Wasser überhaupt kein Problem.




Die meiste Zeit des Abends lauschten wir aber der Musik von der echt guten Band bis wir schließlich durch das immer noch nicht abgekühlte Phoenix Bay Night zum Hotel zurücktorkelten… was für ein schöner letzter Abend!
