Trampolin de la Muerte, die berüchtigte Todesstraße Kolumbiens…

Die berühmt-berüchtigte Todesstraße zu fahren stand ganz oben auf unserer Bucket List für Kolumbien.

Lange Zeit sah es so aus, dass wir die sagenumwobene Straße gar nicht fahren können. Seit den heftigen Regenfällen der vergangenen Monate war die Straße nämlich gesperrt. Diverse Erdrutsche und eine eingestürzte Brücke hatten das Passieren unmöglich gemacht.

Auch jetzt zeigte Google diese Straßensperrung an. Wir beobachten die Entwicklung seit Bogotá.

Vor etwa 10 Tagen dann erhielten wir die ersten Aussagen, dass die Straße wohl wieder befahrbar sei, zumindest für Motorräder. Auch Tim von Donkey Sunrise kam nach ein paar Recherchen zu dem Ergebnis.

Das war der Moment, als wir uns entschlossen, es zumindest zu versuchen.

Für den Notfall hatte André auf dem Garmin auch eine Nebenstrecke ausgemacht, die man eventuell fahren könnte falls die Brücke immer noch kaputt ist. Irgendein Feldweg, den Google nicht als Straße verzeichnet hat…

Besonders heimelig finde ich die Vorstellung nicht, aber wir sind ja inzwischen kampferprobt 🙈.

Nun sind wir also auf dem Weg zur Todesstraße. Seit gestern ist die Straße tatsächlich auch bei Google wieder geöffnet. Sieht also ganz gut aus mit dem Projekt. Unser einziger Feind ist jetzt das Wetter.

Auch das sieht im Moment gut aus. Es hat zwar die ganze Nacht durchgeregnet aber als wir um 6:30 aufstehen bricht die Sonne durch. Die soll mal schön alles wegbruzeln!

Wir brechen um kurz nach 8 Uhr auf. Noch früher zu starten hielten wir für nicht so sinnvoll, denn dann hängen die Berge noch in den Wolken und wir riskieren schlechte Sicht.

Überhaupt ist das der Grund, weshalb die etwa 70 km lange Schotterstraße einmal quer über die Berge Richtung Pasto den Ruf hat, die gefährlichste Straße Kolumbiens zu sein. Schlechte Sicht in Kombination mit schwierigen Straßenverhältnissen machen die Straße unberechenbar. Angeblich sterben hier jedes Jahr unzählige Fahrer, weil sie die Straße falsch eingeschätzt haben.

Anfänglich ist die Straße noch relativ breit, Schotter zwar, aber recht gut befahrbar. Einigermaßen trocken, die Sicht ist gut. Es ist nicht zu steil. Wir haben in diesem Land schon schlimmeres befahren.

Aber dann geht’s los und der Trampolin macht seinem Namen alle Ehre.

Wir starten gleich zu Beginn erstmal mit einer schönen Wasserdurchfahrt. Von denen soll es auf der Strecke immer wieder welche geben. Je nachdem, wieviel es geregnet hat handelt es sich dann eher um ne Pfütze oder einen richtigen kleinen Fluss.

Die hier hat schon einiges an Wasser. Was die Durchfahrt aber vor allem ein bisschen risky macht sind die unterschiedlich großen glatten und spitzen Steine, die da im Flussbett liegen. Nicht so schön.

Naja, es folgt die übliche Arbeitsteilung bei solchen Angelegenheiten. Ich steige ab und teste die möglichen Durchfahrtstellen zu Fuß.

Ok, das Ding ist echt ein bisschen tiefer, selbst an der seichtesten Stelle stehe ich bis zum Unterschenkel im Wasser… die Hose ist erstmal nass.

… ist die Frage, ob André die Stelle beim Fahren überhaupt erwischt, sonst badet unsere BMW ein bisschen…

Durchfahrt hat geklappt, ich steige wieder auf. Weiter geht’s auf der Todesstraße 😉.

In sehr engen Kurven und Serpentinen schlängelt sich die Straße den Berg hinauf. Die meiste Strecke ist sie nur einspurig und rechts oder links, je nachdem auf welcher Seite der Berg ist, geht’s steil bergab… oft ohne Leitplanke 😉.

Ein anderer Grund, der die Strecke so anspruchsvoll voll macht, ist der mögliche Gegenverkehr. Im Gegensatz zu anderen Routen durch die Berge, z.B. die Ruta von Jardin nach Riosucio, auf der wir gefahren sind, ist diese hier tatsächlich eine Hauptverkehrsroute. Man glaubt es nicht, bei den Straßenverhältnissen. Aber hier fährt tatsächlich alles lang. Vom Rennradfahren, über Eselkarren bis hin zum Bus und Monstertruck.

Wir haben damit einigermaßen Glück. Da Sonntag ist, sind nicht so viele Fahrzeuge unterwegs. Die großen LKW begegnen uns auch nur ein paar Mal, dafür kommt uns immer mal wieder so ein etwas kleinere Kasten-LKW entgegen. Mit denen kommen wir aber gut klar.

Wenn doch mal ein großer Brummer kommt ist das oberste Gebot. Sobald man das Monster gesehen hat an einer etwas breiteren Stelle (die muss man dann erstmal erwischen) anhalten und warten. Das ist extrem lebensverlängernd. Erwischt dich die Begegnung mit dem Riesen unerwartet und an der falschen Stelle landest du im Schlimmsten Fall einen Kilometer weiter unten die Böschung runter im Tal.

Also ist mein Job immer schön nach dem möglichen Gegenverkehr zu schauen 👀

… während sich André auf die Schlaglöcher und losen Schottersteine konzentriert.

Landschaftlich ist das hier der absolute Traum. Die Strecke führt mitten durch den weiten unberührten Urwald. Es herrscht eine friedliche Stille, die Sonne schickt uns ihre wärmenden Strahlen auf den Pelz. Egal, wo du gerade fährst, hast du eine fantastische Aussicht auf die Berge.

Das ist einer dieser Momente, die ins Herz gehen und die du nicht mehr loslässt …

So kann es gerne weitergehen!

Schon fast oben auf dem Pass angekommen machen wir eine kurze Rast. Hier haben wir einen grandiosen Blick über die Berge und auf die Wegstrecke, die wir schon hinter uns haben.

Ein Pärchen aus Mocoa, die hier auch mit dem Moped unterwegs sind, machen hier auch Pause. Wir kommen ins Gespräch. Zwar nur sehr holprig, die beiden sprechen kein Englisch, naja und unser Spanisch… aber es geht schon irgendwie. Wie immer sind sie sehr an unserer Reise und der BMW interessiert. Das meiste kann man mit einfachem Spanisch irgendwie erklären und wenn das Gespräch zu technisch wird hilft Google Translator. Super nett die beiden!

Weiter geht’s! Langsam kommen wir den Wolken näher…

… ist schon so ein Biss spuky wenn man so durch die Wolken fährt und nicht sehen kann, was um die nächste Ecke so los ist…

… hupen hilft!

Dann sind wir durch die Wolken durch und die Sonne hat uns wieder. Wir sind oben auf dem Pass angekommen. An jetzt geht’s wieder runter…

Zeit für ne Pause, Baño und nen Kaffee.

Als wir vom Moped steigen hält ein anderes Motorrad neben uns und der Fahrer quatscht uns an. Er und seine Beifahrerin sind schon eine ganze Weile hinter uns hergefahren und müssen uns erstmal ausfragen. Wo wir herkommen und hinwollen. Ob wir den ganzen Weg aus Alaska gefahren sind. Wie lange wir unterwegs sind und und und…

Sie sprechen ein ganz bisschen Englisch. So findet unsere Verständigung aus einem Mischmasch aus Englisch und Spanisch statt.

Die beiden sind aus Pasto und haben auch ein paar Infos für uns. Die Straße hinter San Francisco ist asphaltiert und gut zu fahren. Der Trampolin ab hier ist nicht mehr so steil bis San Francisco und die Laguna de La Cocha, wo wir heute noch hin wollen, ist schön… Irgendwann streckt mir das Mädel eine kleine Filzfigur entgegen, ein Lama. Ein Geschenk. Sie sagt, das ist aus Las Lajas und sie möchte es uns schenken. Las Lajas ist schön, sagt sie. Da sollen wir unbedingt hin. Die beiden wollen da heute noch hin. Sie zeigen uns Fotos von der Kirche dort, wie sie nachts beleuchtet ist. Sieht schon toll aus!

Ich freue mich voll über das süße Geschenk und finde schade, dass wir nichts haben außer Unseren Aufklebern, aber die beiden freuen sich tatsächlich über die Aufkleber.

Nach ner Weile und einem Foto wollen die beiden weiter. Wir wollen noch einen Kaffee trinken.

Hier halten einige Reisende. Es gibt einen kleinen Laden, bei dem man das Klo benutzen kann… keine Wellnessoase, aber was soll’s (muss ja 🙄), daneben nen Imbiss, der Kaffee und unterschiedliche Snacks verkauft.

Während ich das Klo austeste, lässt sich André von einem anderen Motorradfahrer die verschiedenen Gerichte erklären und kauft schließlich eine Tortilla und nen Sandwich zum Kaffee. Das Tortilla war lecker, das Sandwich nicht wirklich. Das war nur zum Magen füllen …

… und dann machen wir uns auf. Die nächsten Kilometer der deathroad bezwingen.

Herrliche Kilometer! Der Wettergott meint es gut mit uns. Bei diesen Bedingungen ist die Fahrt zwar anstrengend aber super schön.

Wir erreichen ein weiteres Restaurant mit Laden und freuen uns über die Gelegenheit zu einer erneuten kurzen Rast.

Neben dem Kaffee, der leider total süß ist, lacht uns der trockene Kuchen an. Ganz lecker, aber tatsächlich auch etwas trocken 🤣.

Während wir da so sitzen kommt ein Typ mit einem irrsinnigen Getöse angefahren und hält vor dem Restaurant. Der hat doch tatsächlich eine riesige Musikbox auf sein Autodach geschnallt und beschallt damit die gesamte Gegend. Jetzt steigt der aus, lässt sein Auto mit laufendem Motor und ebenso laufender Musik stehen, kommt in den Laden, bestellt und lässt sich dann seelenruhig an einen der Tische fallen um zu essen. Was für ein Vollpfosten!

Dann haut er irgendwann ab und wir auch.

… und dann ändert sich plötzlich alles schlagartig und der Trampolin zeigt ein anderes Gesicht…

Als wir um die nächste Kurve fahren empfängt uns eine dicke Suppe aus Nebel. Das ist nicht einfach nur durch die Wolken fahren, das ist mal ne ganz andere Qualität. Es ist nass, kalt, dicht. Die Sicht wird zunehmend schlechter und auch die Straße, denn plötzlich ist alles nass und glitschig.

Aber das ist noch nicht alles. Es fängt langsam an zu regnen. Erst nur ein bisschen, so dass wir denken naja, ist nen kleiner Schauer, da fahren wir grad durch. Aber dann wird’s immer stärker. Inzwischen ist es so stark, dass wir echt die Regenpelle überziehen müssten, aber die Straße ist überall so eng, so steil, eine Kurve nach der nächsten…

… wir finden einfach keinen Platz zum anhalten.

Bald macht es eh keinen Sinn mehr, denn inzwischen sind wir komplett durchnässt. Genialerweise haben wir heute Morgen nämlich zwar unsere schwere Motorradklamotten angezogen, aber aufgrund der Temperaturen die wasserdichte Innenschicht rausgenommen. Das rächt sich jetzt, denn das Material der Jacken ist zwar ein bisschen wasserabweisend, bei Dauerregen aber halt nicht dicht.

… und so kommt das Wasser jetzt langsam durch, kriecht in die Knochen und kühlt und aus.

… so können wir nicht weiter fahren. Endlich kommen wir an ein verlassenes Haus, ein ehemaliges Restaurant und halten an.

Wir pellen uns mit zitternden Fingern aus den klatschnassen Jacken. André reißt sich das nasse T-Shirt vom Leib und ich hole den dicken Woolpowerpulli aus der Gepäckrolle. Frisches T-Shirt, Woolpower, darüber die Regenjacke. So müsste es die restlichen Kilometer irgendwie gehen. Seine Ja je packe ich in nen Müllbeutel und in die Gepäckrolle. Die ist jetzt natürlich rappelvoll.

Bei mir ist es nicht ganz so schlimm. Ich hab nur ein Top an und das ist nicht nass, nur meine Arme sind klatschnass und kalt unter der Jacke. Ich trockne sie notdürftig ab und schlüpfe in meine regendichte Innenjacke, Motorradjacke wieder drüber, fertig,

… und dann gehts weiter durch den strömenden Regen.

Irgendwann wird die Straße etwas breiter, der Himmel klart ein wenig auf und

wir erreichen die Hochebene in der San Francisco liegt.

Endlich! Wir haben den Trampolin de la Muerte geschafft!

Das erste Restaurant, das wir ansteuern, hat nichts mehr zu essen. Sie schicken uns zum Hauptplatz, da soll es Restaurants geben.

Als wir dort ankommen hat es komplett aufgehört zu regnen. Als wollte uns die Sonne verarschen. Wir finden ein kleines Restaurant, das gegrilltes Hähnchen mit Kartoffel hat.

Die Leute da sind voll nett. Eine kleine Familie. Mutter kocht, Papa quatscht und freut sich, dass ich ein bisschen Spanisch spreche. Die beiden pubertären Kinder sitzen in einer Ecke und kichern. Sie finden uns interessant. Das Mädchen spricht ein bisschen Englisch. Der Junge findet alles witzig… Teenie halt.

Das halbe Hähnchen mit der Kartoffel schmeckt köstlich, ist mir aber viel zu viel. Kein Problem, André hat Hunger, der verdrückt locker zwei.

Deathroad fahren macht hungrig…

Frisch gestärkt und aufgewärmt machen wir noch ein Foto mit der Familie und dann geht’s zurück auf die Straße.

Das letzte Stückchen bis zur Laguna de La Cocha ist ab jetzt ein Kinderspiel. Die Straße ist asphaltiert, breit und in einem recht guten Zustand.

Um 15:30 Uhr, nach 7 Stunden erreichen wir völlig durchnässt und erschöpft die Laguna de La Cocha und unser kleines Chalet, das wir über Booking gemietet haben. Steven unser Host erwartet uns schon mit einem heißen Tee!

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